Schnitzbeil aus Blattfeder

25. September 2022 um 21:07
Hallo zusammen,
ich hatte mir in den Kopf gesetzt ein kleines Schnitzbeil aus einer Blattfeder zu schmieden.
Ausgangsmaterial war der Abschnitt einer Blattfeder ca. 100x53x13
Beil_Blattfeder_01.jpg
Beil_Blattfeder_02.jpg
Beil_Blattfeder_03.jpg
Beil_Blattfeder_04.jpg
Die Maße: Schneidenlänge 100 mm, von Schneide zu Nacken 130 mm Gewicht ca. 400g
Schöne Grüße
Sascha
Es ist besser ein kleines Schmiedefeuer anzuzünden als die Dunkelheit zu verfluchen!
26. September 2022 um 08:24
Sieht doch echt gut aus! 

Bei den gegebenen Ausgangsmaßen der Feder, hast du massiv gestaucht, oder gefaltet und verschweißt? Sieht man auf den Bildern schlecht. Ich bin halt bei Federstahl für Schneiden immer etwas vorsichtig, da hier die Zusammensetzung von...bis... geht. Das kann auch mal um's Verrecken nicht hart werden. Und grad bei kleinen Beilen für's Schnitzen darf's auch ein Stahl sein, der eine feinere Schneide macht. Aber das ist nur eine Anmerkung von mir.

Handwerklich aber doch gut umgesetzt, Auge ist sauber, Proportionen stimmig. Über ein Bild der Draufsicht würde ich mich noch freuen. 


26. September 2022 um 12:58

Hallo Sascha,

Respekt, das Kleine ist richtig schön geworden und wird Dir sicher gute Dienste leisten.  Hast Du das Auge aufgedornt oder feuergeschweisst?

 

 

Blood,Sweat and Musclecat
Zuletzt bearbeitet: 26. September 2022 um 12:59, Alex Schneider
26. September 2022 um 20:01
Vielen Dank für die anerkennenden Rückmeldungen - das freut mich!
Ich habe das Material zunächst gestaucht. Das wollte ich mit dem ersten Bild wiedergeben. Der Bereich für das Auge hatte vor dem Aufdornen ca. 19 mm x 39 mm im Querschnitt. Das Stauchen war für mich der anstrengendste Teil.
Mir liegt das Aufmeißeln/Aufdornen eher als das Feuerschweißen. Das hat auch recht gut funktioniert trotz der geringen Materialstärke von 19 mm. Wenn man nur sauber mittig beginnt wird es ja fast von alleine symmetrisch und gerade. Ich habe auch schon angekörnt und mit einem 4 mm Bohrer vorgebohrt um das mittige Ansetzen zu erleichtern - das kann eine gute Hilfe sein.
Federstahl ist für eine feine und schnitthaltige Schneide bestimmt nicht die erste Wahl aber meine bisherigen Federstahl-Erfahrungen waren nicht so schlecht - ich hatte jedenfalls keine Probleme mit Ausbrüchen und die Schnitthaltigkeit war auch nicht ganz miserabel. Ein Federstahl der nicht hart wird ist mir bisher noch nicht begegnet. Mal sehen wie es sich bewährt wenn es fertig ist.
Im Grunde gebe ich Dir aber Recht für eine feine Schneide und die gedachte Anwendung könnte man bestimmt bessere Stähle finden, die man dann aber auch nur als Schneidenstahl einschweißen sollte. Das mache ich dann demnächst hoffentlich auch mal...
Hier noch die gewünschte Draufsicht (von unten und mit schlechter Beleuchtung, hoffe Du erkennst was Du sehen möchtest):
Beil_Blattfeder_05.jpg
Es ist besser ein kleines Schmiedefeuer anzuzünden als die Dunkelheit zu verfluchen!
27. September 2022 um 05:47
Sehr schön! Gefällt mir richtig gut!

Das mit dem Vorbohren ist tatsächlich eine sehr schöne Sache, da der Meißel hier eine Führung hat. Nichts ist deprimierender, als das Auge zu lochen und am Ende ist es schief. 

Federstähle, die nicht hart werden, hatte ich schon zur Genüge. Zumindest haben sie nach dem Härten meinen Härtetest nicht bestanden Erst in Wasser ist hier was passiert, dann aber mit Rissen. Gut, im Grunde sollen ja Federstähle auch nicht hart im Sinne von hart werden. Sie sollen flexibel sein und viele Lastwechsel ohne Risse überstehen. Dafür ist ja auch meist Silizium im Stahl, was ja die Bildung von Austenit behindern soll. Das beißt sich eben in der Zusammensetzung mit einem "richtigen" Schneidenstahl. Nichtsdestotrotz nehm ich auch häufiger Federstahl, weil er eben auch in großen Mengen günstig verfügbar ist. Und für vieles reicht es eben. Meinem Vater, seines Zeichens Zimmermann, brauch ich damit aber nicht kommen
27. September 2022 um 20:44
Hallo Christian,
meine metallurgischen Kenntnisse halten sich in Grenzen und was Du da über die Stahlauswahl geschrieben hast hat mich dazu gebracht noch einmal ein wenig zu recherchieren. "Federstahl" ist ein weiteres Feld als ich gedacht hatte - allein schon vom Kohlenstoffgehalt (ich habe die Angabe 0,35 bis 0,75 % gefunden). Auch der als robuster Klingenstahl mit relativ guter Schnitthaltigkeit gelobte 80CrV2 sowie Ck75 werden als Federstahl aufgeführt. Das ist dann wohl das positive Ende des Spektrums der Federstähle im Bezug auf Schneiden.
Ich hatte nicht auf dem Schirm, dass es aber auch bis 0,35 % heruntergehen kann. Das scheint also ein ziemliches Glücksspiel zu sein und der maßgebliche Faktor für die ausgiebige Verwendung ist wirklich die günstige Verfügbarkeit - zumal auch in verschiedenen Querschnitten. Ich verwende Federstahl auch für viele Dinge: Zangen, Dorne, Meißel, Punzen,... und das scheint ganz gut zu passen. Ich merke mir aber, dass ein Reinfall bei Schneidwerkzeugen möglich ist. Danke für die Anregung.
Kannst Du Deinen Härtetest beschreiben?
Gruß
Sascha
Es ist besser ein kleines Schmiedefeuer anzuzünden als die Dunkelheit zu verfluchen!
28. September 2022 um 08:35
Ja, wie gesagt, schon oft auf die Nase gefallen damit Ich habe aber guten Kontakt zu einem Stahlwerk, da lasse ich mir große Mengen vorher gegen ein Päckchen Kaffee beproben. Erspart viel Ärger. 

Härtetest, naja. Viele prüfen mit der Feile, ob du einen Span abgehoben bekommst. Das ist nicht immer zielführend. Ich mach ja viel Messer und dieser Trend die Messer so hart wie möglich zu machen erschließt sich mir nicht (62HRC, manchmal 65HRC). Ein gutes Messer ist mit 59HRC gut bedient. Da hebst Du mit der guten Feile aber schon einen Span, wenn auch deutlich schwerer. Ich habe an meiner Esse einen erhöhten Rand aus Baustahl. Fertig wärmebehandelte Schneiden teste ich, indem ich versuche damit vom Baustahl einen Span abzuheben. Wenn das geht, ohne dass die Klinge einen Kratzer bekommt, reicht mir das als Härtetest. Früher hat man ja mit der Kling versucht einen Nagel durchzuschlagen, ohne dass sie nachgiebt. Ich mache quasi die abgewandelte Variante.

Den letzten Reinfall hatt ich mit einer Balttfeder vom Mitsubishi L200. Ging wirklich gar nicht. Gut, am Ende nutzen die viele andere Legierungselemente, um die Eigenschaften zu bekommen. Aber nur Kohlenstoff ist für die Härte des Stahls verantwortlich. 
28. September 2022 um 21:53
guter Kontakt zum Stahlwerk... beproben für ein Pack Kaffee... TOP! Bekommst Du dann eine richtige Analyse?
Ich benutze auch normalerweise den Test mit der Feile. Ich prüfe aber nur unmittelbar nach dem Härten und vor dem Anlassen. Das ist für mich nur ein qualitativer Test ob es überhaupt hart geworden ist. Eine quantitative Aussage lässt dieser Test meiner Meinung nach gar nicht zu.
Den Test mit einem Stück Baustahl habe ich auch schon bei verschiedenen Schmieden beobachtet. So wie Du es beschreibst habe ich mal auf einem Mittelaltermarkt einen Schmied gesehen der eine Klinge am Rand des Schmiedetisches erfolgreich getestet hat. Auf einem Schmiedetreffen in Belgien hat Havard Bergland mit einem beim Treffen geschmiedeten und verstählten Axtkopf einen Vierkantstahl durchtrennt um die Schneide zu testen. Gibt es hier ab ca. Minute 5 zu sehen: Axtschmieden Teil 3
Es ist besser ein kleines Schmiedefeuer anzuzünden als die Dunkelheit zu verfluchen!
29. September 2022 um 00:48
Moin!
Wobei man natürlich noch unterscheiden muß zwischen hart und schnitthaltig.Will aber keinesfalls eine endlose Debatte über dieses Thema auslösen.Eigentlich wollte ich zum Thema "testen"noch darauf hinweisen,daß viele alte Ambosse Spuren werkstattmäßiger 
Härteprüfung tragen.Wurde(oder wird )ein Meißel neu ausgeschmiedet und gehärtet ,testet man die Schneide  indem man an einer Kante des Ambossfuß ein Kerbe einschlägt.(so gelernt bei meinem Lehrmeister).Dies führt im laufe der Zeit zu ziemlich vielen Kerben,
die zwar nicht wirklich schön sind aber durchaus ihren Zweck erfüllt haben.Meine beiden großen Ambosse tragen etliche Spuren dieser einfachen Härteprüfung.Vielleicht hat sich der eine oder andere ja schon über diese "Unart" gewundert ,einen schönen Amboss zu verunstalten.Ob es allerdings ratsam ist eine Messerklinge auf diese Art zu testen ,möchte ich bezweifeln.
Schönen Gruß von der Westküste
  Christian
29. September 2022 um 07:53
Wobei man natürlich noch unterscheiden muß zwischen hart und schnitthaltig

Zweifelsohne!


Meine beiden großen Ambosse tragen etliche Spuren dieser einfachen Härteprüfung

Ich hatte mich schon gewundert. Mein Amboss trägt etliche dieser Spuren, und ich konnte mir den Sinn bisher nicht erklären. Danke für die Erleuchtung! Früher war der Amboss eben ein Werkzeug und kein Kultgegenstand. 
15. Januar 2023 um 10:50

Hallo zusammen,

inzwischen etwas abgelagert und nun endlich geschärft und eingestielt:

Kopfgewicht: 387 g

Gesamtgewicht: 610 g

Stiel: 34 cm, Robinie, verkeilt mit Eiche

Es ist besser ein kleines Schmiedefeuer anzuzünden als die Dunkelheit zu verfluchen!
15. Januar 2023 um 12:23

Sascha,

das ist Dir richtig gut gelungen!

Natürlich wird das Beilchen in der Praxis beweisen müssen, dass die Wärmebehasndlung auch passend war! Berichte das doch auch bei Gelegenheit!

Freundliche Grüße

Jean

25. Januar 2023 um 18:22

Klasse gemacht Sascha, gefällt mir sehr gut👌

Viele Grüße

Alex

Blood,Sweat and Musclecat
26. März 2023 um 20:30

Hallo zusammen!

Das Schnitzbeil habe ich inzwischen auch ein wenig genutzt.

Ich habe z.B. aus durchgetrocknetem Buchenholz den Rohling für einen Löffel geschnitzt (siehe Bild).

Die Wärmebehandlung scheint in Ordnung zu sein, Jean. Ich hatte jedenfalls keine Ausbrüche. Die Schnitthaltigkeit ist nicht besonders gut aber brauchbar. Ich kann das natürlich nur gefühlsmäßig bewerten. Die Rasierschärfe war nach dem Schnitzen des Rohlings weg - ließ sich aber durch das Abziehen auf einem Lederriemen mit Polierpaste wieder herstellen.

Eine Messerklinge die ich aus Kugellagerstahl geschmiedet habe erscheint mir im Vergleich auf jeden Fall wesentlich schnitthaltiger.

Ich denke das ist keine Überraschung. 🤔

Das Beil ist asymmetrisch angeschliffen. Die linke Seite (wenn man von oben schaut) ist deutlich flacher und weniger ballig angeschliffen als die rechte Seite. Der Gesamtwinkel geht von ungefähr 22° auf ca. 30° direkt an der Schneide. Durch die relativ ballige rechte Seite wird die Schneide ziemlich robust während die flache linke Seite für die Führung beim Schnitzen sehr vorteilhaft ist. Das Bild ist leider nicht sehr scharf aber ich hoffe man kann die Schneidengeometrie erahnen.

Schöne Grüße

Sascha

Es ist besser ein kleines Schmiedefeuer anzuzünden als die Dunkelheit zu verfluchen!