2. Februar 2019 um 10:45
Das Talent, Beharrlichkeit und die Bereitschaft zu lernen sind auch wichtige Voraussetzungen für den Erfolg, egal wie man das Schmieden lernt.
Ein Anfängerkurs ist eine gute Orientierung.
Schmieden lernt man am Amboß

1. Februar 2019 um 12:32
Meine 10 Cent:
Ich bin vor vielen Jahren den klassischen Weg einer Schlosserlehre gegangen und habe mich da für das Schmieden an sich sehr interessiert. Ich habe es in meiner Ausbildung erlernt und hatte das Glück einige gute Handwerker zu kennen, die bei freundlicher Anfrage auch gerne weitergeholfen haben. Zu der Zeit gab es noch kein Internet. Alles lief über Meister,Gesellen Tatkraft und Wissensdrang (das geheuchelte: "Chef ich will schmieden lernen!", wurde schnell als solches erkannt. Lehrlinge die während der Arbeitszeit keine Leistung brachten oder zu wenig Lerneifer zeigten wurden  "an die kurze Leine"  gelegt was Input und Erkärungen anging.), eine Schmiede in der man (nach Feierabend und an den Samstagen) arbeiten konnte. Anfangs sagte man mir was ich zu üben habe. Nach vielen Samstagen als der Chef dann der Meinung war, dass ich mein Grundrepertoire drin hatte, konnte man auch mal Sachen probieren die es im Arbeitsalltag so nicht gab und man durfte Schmieden was man wollte (wobei ich heute weiß, dass der Chef nachdem Samstags das Feuer verlöscht und ich auf dem Heimweg war immer kontrolliert hat, dass nur wenig Schrott produziert wurde mit der teuren Kohle und dem teuren Stahl.)
Die Arbeitsstunden sahen so aus:
Es gingen Wochen ins Land wo ich nur als Schmiedehelfer arbeiten musste: stundenlang am Feuer stehen und darauf achten dass immer genug Werkstücke im Feuer liegen und ja nix verbrennt. Dann irgendwann mal zuschlagen... Wenn der Schmied dem ich zugeteilt war am Lufthammer saß dann wurden beide Esseisen mit Meißeln gefüttert. Es war ein echter Spaß von links nach rechts an der Esse zu laufen damit auch ja nix verbrennt und der Nachschub für den Mann am Hammer nicht versiegt.
Nachdem der Chef der Meinung war dass ich "Schmieden konnte", durfte ich irgendwann auch selbst ans Feuer und alleine die Arbeit machen. Allerdings wurde man anfangs ständig kontrolliert.
Mein Vorteil heute: Ich mache viele Aufgaben am Feuer ganz selbstverständlich, nebenbei mit ohne wirklich drüber nachzudenken. Kohle nachlegen, entschlacken, Feuerführung als Ganzes läuft einfach so mit.
Denn: In der Zeit bis das nächste Wrkstück aus dem Feuer kommt, wird der Plan für die nächste Runde am Amboss oder am Hammer gemacht. Dieser Automatismus macht jeden guten Schmied aus!
Wenn ich als "Profi" unter Beobachtung des Chefs, Altgesellen, Vorarbeiters etc. stand wurde zögerliches Verhalten beim aus dem Feuer nehmen schnell das Thema eines Anpfiffs. Davon abgesehen wurde immer schnell klar ob man schmieden konnte oder nicht: Menge und Qualität der Werkstücke mussten (nach einer möglichst kurzen Einarbeitungszeit) stimmen. Sonst war man schnell wieder ohne Arbeit.
Das ist in allen Schmieden die auf Broterwerb ausgeleget sind noch heute so.
Nach meiner Bundeswehrzeit fand ich heraus, dass es Schmiedetreffen gibt (auf mein erstes Treffen wurde ich eingeladen von einem Bekannten meines ehemaligen Chefs). Und so gings dann auf die Treffen im In- und Ausland.
Es ist immer wieder verblüffend was man dort an Input geboten (gut wie auch nicht so gut) kriegt. Nebeneffekt: Man kennt Schmiede auf der halben Welt und viele Freundschaften werden schon seit Jahren gepflegt. (Und Urlaub wird erschwinglicher.)
Geschmiedet habe ich so ziemlich "alles": Maschinenteile, Werkzeuge, Kunstschmiedearbeiten (also Zierteile und Ornamente), Gesenkstücke, Freiformstücke...
 
Vieles läuft auch bei uns Handwerkern autodidaktisch ab. Man erhält in der Lehre nur einen Grundstock an Fähigkeiten. Den Rest bringt das ständige Arbeiten und Interesse am Neuen in seinem Beruf. Ja es gibt auch "Profis" die nix können. Aber die haben einen Job und malochen nur um den Bauch satt zu kriegen.
 
Und zu den Videos im Netz: Es gibt zum sehr kleinen Teil sehr gutes Material, aber auch Unmengen an "Murx". Es gibt viele Videos die entlocken mir ein "wow!" (ich denke da z. B. an den Typen der seinen Amboss mit Hilfe eines großen Feuers und eines Baggers im Fluss härtet) Unterhaltungswert 110% ganz klar. Aber es gibt auch Videos von Aktionen die besser im kleinen Kreis der Live-Teilnehmer verschütt gegangen wären (Ich erinnere an den jungen Mann der sich aus Schrott und mit Hilfe eines E-Schweißgerätes einen "Amboss" zusammengeschweißt hat.).
90% der Videos sind aber auf dem Niveau der Sendung mit der Maus zu betrachten: man kriegt einen Einblick wie es funktioniert und Ende.
Und dann die Sache mit den ABANA und anderer Schmiedeorganisationenvideos: Wer mal auf einer ABANA-Konferenz war stellt fest, dass es sowas wie eine Ausbildungsmesse für "Schmiede" ist.
Die Teilnehmer kommen um zu zeigen wie Sie es machen und viele kommen um sich das anzusehen wie es die anderen machen.
Der Grund: Es gibt in vielen Ländern keine geregelte Berufsausbildung. Und schon garnicht so eine tolle wie das duale Ausbildungssystem hier in Deutschland. Was ich in Deutschland von einem guten Gesellen erwarten darf ist: eine grundlegende Fertigkeit und ein grundlegendes Wissen an das ich anküpfen kann.
Gerade die US of A haben da ein kleines Manko:
Ich kaufe mir nen Hammer und ne Handkreissäge und schneide für die Nachbarn drei Bretter zu und nagele die quer vors Fenster: Ich bin Schreiner oder Zimermann...
Ich habe ne Esse, einen Amboss und kloppe auf Eisen rum: ich bin Schmied...
Ich arbeite seit drei Tagen bei einer Firma die Elektroinstallationen macht und habe bisher nur Kabelkanal und -Trommeln vom Hof in den 30. Stock geschleppt: ich bin Elektriker...
(Sehr überspitzt beschrieben)
Eine formelle Ausbildung gibt es nicht, Theorie wenn überhaupt nur auf (kostenpflichtigen) Lehrgängen... Für Nischenberufe wie Schmiede gibts dann halt diese Treffen und Workshops quer übers Land. Weil es diesen Grundstock 3,5 Jahre Berufsausbildung dort so nicht gibt.
Also wurde aus der Not eine Tugend: in den Verbandszeitungen gibt es Anleitungen ähnlich wie in diversen Schmiedebüchern, und es gibt die moderne Art Anleitung als Videos. Die ABANA wurde hauptsächlich aus dem Grund der Wissensvermittlung an die Mitglieder gegründet.
Da ich einige selbstständige Schmiede aus Amerika kenne weiß ich auch um die unheimliche Bandbreite zwischen Genies und Laien... Die teilweise nur eine Technik oder die Herstellung eines Teils beherrschen.
 
Ich sage: ein Handwerk komplett autodidaktisch ohne persönliche Anleitung und von außen kommende Korrektur zu erlernen ist quasi unmöglich.
Einer der Gründe warum ich alle zwei Jahre meine Werkstatt für die Forumisten egal ob Profi- oder Hobbyschmied öffne. (Vom guten Essen aus Olafs und Didis Küche mal ganz abgesehen!!!)
 
 
Ein "Hoch!" dem ehrbaren Schmiedehandwerk!
Oli
Zuletzt bearbeitet: 1. Februar 2019 um 12:41
2. Februar 2019 um 10:49
PS:  gedanklich gehe ich grade immer von einem Bild eines Schmieds in heutiger Zeit aus, gepaart mit der Erwartung dass er jede nur erdenkliche Technik und Aufgabe beherrscht.  In der Geschichte des Schmiedens gibt/gab es aber auch Spezialisten wie Hufschmiede, Nagelschmiede, Sensenschmiede, Messerschmiede etc.     Jeder ein Fachmann auf seinem Gebiet.  Ob ein Nagelschmied aber die Kenntnisse für eine gute Messerklinge hatte, sauber Tüllen schmieden oder erstklassig feuerschweißen konnte lassen wir mal offen.  Ihm deshalb abzuerkennen dass er schmieden konnte würde sicher niemandem in den Sinn kommen. 

2. Februar 2019 um 11:46

Zuletzt bearbeitet: 20. Februar 2019 um 20:46
2. Februar 2019 um 12:24
Es geht hier im Forum um das Schmieden, nicht vorrangig um den Beruf Schmied.
Der Beruf Schmied war sehr vielseitig und es gab früher Schmieden in denen das Feuer immer weniger genutzt und später haben manche ganz darauf verzichtet.
Die Schmiede waren immer vorn mit dabei wenn es um den technischen Vortschritt ging. Die Schmieden sind allerorts die Wiege der technischen Berufe gewesen. Elektriker, Spengler, Heizungsbauer, Autoschlosser....am könnte die Liste endlos fortsetzen.
 
Das Schmieden selbst können einige hier bestimmt besser als so mancher alte Meister aus vergangenen Zeiten.
Schmieden lernt man am Amboß

2. Februar 2019 um 16:52
Hallo Zusammen,
an das Schmieden an sich, bin ich eigentlich durch die Liebe zu historischen Maschinen gekommen. Grunderfahrungen konnte ich in meinem Berufsgrundbildungsjahr als KFZ Mechaniker sammeln denn mein dortiger Ausbildungsmeister hatte im Nachbarort eine Schlosserei mit Schmiede betrieben. Anfang der 90ger, habe ich meinen ersten Traktor komplett restauriert,einen MAN "Ackerdiesel" mit dem heutigen Namen Gravedigger. Irgendwann nach dieser Zeit, liesen dann Hinz und Kunz alte, günstig geschossenen Trecker, lieblos restaurieren und präsentierten sich dann (in meinen Augen) völlig Grundlos auf unseren Oldtimertreffen, irgendwann in dieser Zeit hatte ich, den Spaß an diesem Hobby verloren und suchte etwas Neues. Ein befreundeter Schrottie, schenkte mir Anfang 2016 einen alten Stockamboss, auf Dem ich meine ersten Gehversuche, nach fast 35 Jahren weiterführte. Schnell kam mein erster 200 kg Amboss, eine Feldesse hinzu, bis zum heutigen Stand meiner kleinen Schmiede Viele Dinge aus der Ausbildung konnte ich verfeinern und verbessern doch letztendlich, zu meinem heutigen Wissensstand, bin ich durch gute Freunde gelangt, Die ich in diesem Forum kennen und schätzen gelernt habe und Denen ich bis heute dafür, mehr als dankbar bin. Autodidaktisch Schmieden, ist absolut ok aber einen Grundstock an Wissen muß man sich von erfahrenen Schmieden beibringen lassen oder wenn man talentiert ist, abgucken denn das Stehlen mit den Augen bleibt ganz sicher straffrei. Neueinsteigern kann ich nur empfehlen, geht auf Schmiedetreffen, besucht Forumskollegen (Einer ist ganz sicher in Eurer Nähe) oder macht einen ordentlichen Schmiedekurs

Gruß aus Nordhessen
Manfred