Ein "himmlisches" Schmiedeerlebnis

3. Juni 2012 um 20:05
Es waren wunderbare Tage beim Mittelalterfest am Taggerhof. Nebst den Standard-Arbeiten Nägel, Pfeilspitzen..) hatte ich mir auch ein paar neue Sachen vorgenommen. Ein wenig experimentieren, Arbeitschritte testen usw. Das neue Blümchen hatte auch gleich eine Abnehmerin. Kinder bekommen bei mir immer etwas geschenkt. Auch die neuen Zierkopfnägel haben auf Anhieb geklappt. Zeitweise war der Andrang in unserem Lager doch ganz ordentlich. Ob beim Bogenbau, im Lager oder bei der Schmiede, es gab viel an Wissen das den Besuchern weitergegeben werden konnte.


Ein Besucher viel mir besonders auf. Im Gespräch mit einem Interessierten, hatte ich den eigenwilligen Gast stehts im Augenwinkel, der da sehr hektisch in meiner Holzkiste suchte in der Nägel,Pfeilspitzen etc. lagen. Kann ich helfen, warf ich ihm nach einem - höflichen Schmiedegruß -entgegen. Er suche Nägel, die müßten kleiner sein. "Ja da hätte ich noch einen" bot ich ihm an. Der Kopf wäre ihm zu groß und überhaupt, die Länge ...

"Für was werden die Nägel benötigt" fragte ich. Nun er hätte einen Korpus und müßte ein Kreuz dazu anfertigen. Ahhh o.k. das war dann eine klare Ansage mit der ich doch etwas mehr anfangen konnte. Und dafür bräuchte er eben DREI Nägel, deren Köpfe eben sehr klein sein sollten.
"Also die hab ich nicht, wenn sie aber etwas später nochmals vorbeikommen, dann würde ich sie ihnen auf Maß anfertigen". Mit einem Nicken stimmte er zu und mischte sich wieder unter das Besucher-Volk. Ich wurde das Gefühl nicht los, dass er eben auf der Suche nach ganz speziellen Nägeln war die es eben nicht zu kaufen gibt.

Ich machte mich an die Arbeit und fertigte 2 Nägel nach seiner Vorlage an. Der Knackpunkt an der Sache war der kleine Nagelkopf. Ein falscher Schlag und der Nagel würde zu weit in das Nageleisen getrieben. Somit wäre er auch nicht mehr zu entfernen gewesen und das Nageleisen für das Fest unbrauchbar. Und natürlich der Auftrag nicht erfüllt. Ich entschloß mich vor dem Kopf-machen das Eisen nicht zu sehr zu erhitzen. Dies erwies sich als ideale Lösung um dem drohenden Problem entgegenzuwirken. Beim dritten Nagel war der "Kunde" wieder anwesend und verfolgte jeden Arbeisschritt mit "Argusaugen".

"Fertig" sagte ich. Er nahm die Nägel in Augenschein, betrachtete sie von jeder Seite und meinte "das ist eine sehr gute Arbeit. Genau so brauche ich sie". Ich war erleichtert, bin doch nur Hobbyschmied und kein Profi. Aber sie waren mir wirklich gut gelungen. Solche Momente - in denen alles ganz leicht von der Hand geht - gibt es immer wieder, aber eben nicht immer. Also diesmal genau im richtigen Moment.

Nun wollte ich aber mehr wissen, zu welchen Zweck genau und überhaupt, werden meine Nägel zum Einsatz kommen. Er habe einen Korpus aus dem 16Jhd. den er restauriere und müsse hierzu ein Kreuz anfertigen. In seinen Erläuterungen kam ganz klar zum Ausdruck, welch Fachwissen er auf seinem Gebiet hatte. Er war sehr froh das Problem, den Korpus den historisch überlieferten Halt zu geben. Mit einem sehr herzlichen Handschlag verabschiedete er sich und verschwand sichtlich zufrieden in der Menge der Besucher.

Für mich war dies ein ganz besonderer "Auftrag". Weniger aus der Sicht des Glaubens, sondern aus der Sicht der historischen Kunst. Ziert doch meine Arbeit - in diesem Fall eben Nägel - eine überlieferte Figur auf einem Kreuz, die wahrscheinlich ein unbekannter Künstler aus dem 16jhd. angefertigt hatte.

Vielleicht so unbekannt wie ich.


Was man nicht tut, geschieht auch nicht
4. Juni 2012 um 08:19
Du hast also tatsächlich die Nägel geschmiedet, mit denen er Jesus wieder ans Kreuz nageln will?
Das muss ein seltsames Gefühl sein, oder?
http://www.der-grobschmied.de/

4. Juni 2012 um 12:24
Da fällt mir eine Szene vom Heerbann in Bruchmühle ein. Wir hatten in unserem Lager auch geschmiedet, da kamen ein als buddistischer Mönch und ein als Jesus gewandeter Hand in Hand daher. Hinter den beiden ging ein als Römer gewandeter und sagte, er bräuchte ein paar Nägel.
Ich hab das erst kapiert als sie schon fast ausser Sichtweite waren.
Grüße, Thomas