Truhen-oder Scharnierbänder

14. Januar 2022 um 18:00

Hallo zusammen,

ich hab nach einer Vorlage von Funden in Schleswig, datiert um 1200, Truhen-Scharnierbänder nachgebaut. Jetzt ist aber das Problem aufgetaucht, dass bei den Fundstücken kein intaktes Scharnier abgebildet ist. Wenn dann nur Oberteil oder Unterteil. Kann es sein, dass z.B. ein Holzkeil als Bolzen verwendet wurde und der hat sich einfach nicht erhalten?

beschlaege_2.jpg

Truhenband01.jpgTruhenband04.jpg

Grüßle

Teckschmied

14. Januar 2022 um 23:52
Guten Tag, Teckschmied!

Eine schöne Arbeit, die Du Dir vorgenommen hast!

Ein Holzzapfen in einem Scharnier hätte nur eine sehr kurze Lebensdauer, daher halte ich das für ganz ausgeschlossen. Wenn aber eine Truhe oder Kiste, eine Schrank- oder Zimmertür defekt werden, wird ja der Bolzen bei der Demontage zuerst entfernt. Daher findet man sicher recht selten komplette Schaniere, wenn sie nicht gerade aus einem Brandschaden stammen.

Ich habe selbst ein paar historische Scharnierteile, aber kein komplettes Scharnier. 

Freundliche Grüße

Jean  
15. Januar 2022 um 16:32

Danke, guter Einwand. Es ist ja auch so dass üblicherweise die heutigen Fund-Ausgrabungsstellen damals die Mülldeponien der Städte waren (oder die Latrine). Und weil Material teuer war hat man recycelt was nur ging und nur den Rest entsorgt.

Ich denke auch dass ein Eisenstift für das Scharnier die beste und auch authentische Lösung sein wird.

Grüßle

Teckschmied

16. Januar 2022 um 10:53
Teckschmied,

wichtig für die lange Haltbarkeit des Scharniers ist eine fein angeschmiegte Rolle! Also das Ende des Bandes, aus dem die Rolle entstehen soll, dünner ausschmieden und die Rolle soweit einrollen, dass ein vollständig RUNDES Auge entsteht, keines mit einer "toten" Ecke! Ein passender Dorn mit gleichem Maß wie der Kloben sorgt für knappe Toleranzen.

Das findet man heute nur noch bei fachkundig handgefertigten Werkstücken; die Baumarktausführungen sind - technisch gesehen - alle Pfusch.

Schöne Bilder von Beschlägen findet man in "Die Kunst des Schmiedens" von Havard Bergland.

Viel Spaß dabei!

Freundliche Grüße

Jean