Bohnerz aus der schwaebischen Alb

24. September 2017 um 23:22
Hallo liebe Rennofenexperten,

heute war es so weit und ich habe mich nach ewiger Recherche in der schwaebischen Alb auf die Suche gemacht. Neben viel "nichts" habe ich an einer Stelle Bohnerz finden koennen. Allerdings eher kleine Kuegelchen mit meistens ca. 3mm Durchmesser. Da Kuegelchen sammeln ewig gedauert haette, habe ich den Lehm sammt Bohnerz eimerweise zum Auto gekarrt und wuerde ihn jetzt mit Sieb und Wasser waschen. 
Hier das Ergebniss der ersten kleinen Waschrunde:

IMG_0667_1.jpg

Ich habe jetzt ma die groessere Brocken herrausgesammelt, welche etwas massivere "Lehmsteine" sind. Zerbricht man sie findet man auch hier wieder die keinen Bohnerzkuegelchen. Nichts desto trotz befuerchte ich, dass wenn ich das Erz so in den Rennofen gebe zu viel Gestein, Sand und Lehm dabei ist. 

Was sagt ihr dazu? Ist der Versuch das zu Verhueten ein vorporgrammierter Misserfolg? Sind "Steine" nicht so schlimm, weill sie einfach nur unten durch rieseln? Sollte ich lieber groeber Sieben um besser das Bohnerz von restlichen Kram trennen zu koennen? 

Wuerde mich sehr ueber ein paar Tipps freuen. Im schlimmsten Fall geht das Zeug naechstes Wochenende so in den Ofen und wir werden sehen was passiert. 

Beste Gruesse,

Lenni
25. September 2017 um 08:19
Ich bin gewiss kein Rennofenfachmann, aber ich würde so gut wie möglich selektieren. Wenn Du Erz mit vielen zusätzlichen Stoffen einbringst, ist im Ausgangsmaterial logischerweise der Eisengehalt gering. Das bedeutet im günstigsten Fall wenig Luppe und viel Schlacke. Do verschwendest dann viel Zeit und Holzkohle auf das Schmelzen von Lehm und Steinen.
Grüße aus dem Oberberg

Steffen
25. September 2017 um 12:33
Hi steffen,

Soweit ist das erstmal logisch und natürlich vollkommen korrekt. Ich hoffe halt durch regelmäßige schlackeabstiche das Problem zu beheben. Frage wäre da war Eder ob man Kalk zugeben sollte und wenn ja wie viel.

Gruß,

Lennart
25. September 2017 um 16:33
Hi Lenni,

sind die Erzbohnen nicht auch magnetisch? Bin mir da gerade nicht sicher... aber wenn das so wäre, könntest du das selektieren mit einem starken Magneten beschleunigen.
Grüße, Michael
25. September 2017 um 19:23
Das Eisen ist im Erz als Eisenoxid gebunden daher leider nicht Magnetisch
Iron Art Ideen aus Metall
25. September 2017 um 21:11
Hallo Freunde,

Wenn du mir sagst von wo auf der schwäbischen Alb du das Erz hast, kann ich dir evtl. mit weiteren Infos dienen. Zu unserem Eisenzeit Team gehört ebenfalls einer dieser schwäbischen Alb der mit Bohnerz von dort schon gutes Eisen gemacht hat.

Rasenerz, welches nach dem Waschen geröstet wird also von Fe2O3 in Fe3O4 umgewandelt wurde, wird Magnetisch. Es bringt aber in meinen Augen nichts mit dem Magneten auszusortieren, da Gangart durchaus Wünschenswert ist.

In unseren Wäldern und Wiesen in welchen Rasenerze anstehen gibt es hunderte von 2-300 Jahre alte Meilerstellen, an welche Holzkohle produziert wurde um in der Vorindustriellen Zeit die ersten Hochöfen zu fahren.
Die so erhitzen Erze findet man mit dem Metalldetekor, sie sind also Magnetisch.

Mit Zuschlägen wäre ich sehr Vorsichtig. Es bringt nichts ohne Analyse des Erzes blind irgendwas Zuschlagen.

Gruss Rom.


Mit besten Grüssen 
Rom. 
Zuletzt bearbeitet: 25. September 2017 um 21:36
25. September 2017 um 22:46
Tja das mit dem magnetischem waere in dem Sinne sehr schoen :/ 

Das Erz kommt suedlich von Nattheim bei Heidenheim an der Brenz. Hier gibt es eine Karte. Meine Fundstelle war die "ehemalige Bohnerzgrube". Der Lehm oder Ton hier ist bereits sehr roetlich. Zeichen fuer einen hohen Anteil an Eisenoxid oder einfach natuerliche Tonfarbe? 

Ich habe heute einige Stunden gesiebt und gewaschen und ca. einen 10L Eimer voll bekommen. In etwa wie auf dem Bild also vermutlich so im Besten Falle so um die 50% sinnvolles Material. 

Robert (Rom ja der, der dich letztens besuchte ) war am Ende seines Urlaubs in der schwaebschen Alb, aber bei Willmandingen. Das Resultat waren bei ihm sehr viel groesere Brocken. Da das eigentlich aehnlich weit von Ulm weg ist wie Nattheim, werde ich naechstes Wochenende wohl auf den Rennofen verzichten und nochmal sammeln gehen.

Wuerde mich dennoch sehr ueber deine Einschaetzung freuen Rom. Vielleicht ist das Erz hier ja so super dass man es trotzdem verhuetten kann ;) Einfach mit viel Kalk zu arbeiten um die grosse Menge an Schlacke weg zu kriegen ist also nicht unbedingt eine kluge Loesung? Ich liege aber schon richtig damit, dass Kalk die Viskositaet der Schlacke erhoeht oder? 

Beste Gruesse,

Lenni
26. September 2017 um 20:14
Guten Abend Lenni,

Wenn du denkst dass die Hälfte von deinem feinkalibrigem Zeugs kein Erz ist, dann würde ich fast dazu raten diesen Gries zu rösten. Danach siehst du dass alles helle kein Erz ist.

Dann muss ich zugeben dass ich keine Zeit hatte nach all den ......ingen auf der Schwäbischen Alb zu gucken.
Ich werde es aber nachreichen.

Ich kann das Erz aufgrund der Bilder nicht einschätzen, das kann wirklich alles sein. 

Noch einmal zum Zuschlag, in diesem Falle Kalk.
Die Archeologen und was noch relevanter ist die Paleometallurgen sind zur Zeit der Meinung dass man in der Antike bis zum Mittelalter keine Zuschläge kannte resp. nutzte um mit zu mageren oder zu SiO2/Quarzhaltigen(Saueren) Erzen Klarzukommen.
Ich persönlich bin absolut nicht dieser Meinung.
In Zukunft wird die Wissenschaft imstande sein Erze und Schlacke einander zuordenen zu können. Bisher ist das noch eine vage Geschichte. 

Zum Kalk: Kalk erhöht den Schmelzpunkt und senkt die Viskosität.(Klingt Wiedersprüchlich ich weiss) Niederviskose Schlacke, also Erze mit einem SiO2 Gehalt um die 10% läuft wie Wasser. Ohne jetzt auf all die experimentellen Ofenreisen mit Kalkzuschlag einzugehen, muss ich davor warnen ohne die Zusammensetzung des Erzes zu kennen wild drauf los Kalk unter zu mischen. Zuviel Kalk bringt nämlich genau das Gegenteil so dass die Schlacke wieder Zäh davon wird. 

Zum Schluss bleibt noch zu bemerken dass Lehm, Ton etc. oft mit Erzen Vergesellschaftet ist, und tatsächlich unabhängig von der Erzqualität all mögliche Farben haben kann. Ich sammele gelegentlich Rasenerze um die 80% FeO in knallgelbem Lehm. Das Erz hat eine Ockergelbe glänzende Oberfläche und die Bruchfläche ist Rotbraun bis Schwarz. 

So genug für Heute.

Gruss Rom.
Mit besten Grüssen 
Rom. 
Zuletzt bearbeitet: 26. September 2017 um 20:47
26. September 2017 um 22:31
Hi Rom,

ja das mit den ganzen ...ingen hier im Schwabenland ist echt verrueckt und es sei dir verziehen ;) Ich werde morgen das Erz mal Proberoesten und bin gerade am ueberlegen ob ich es dieses Wochenende nicht doch einfach mal ausprobieren sollte.

Zum Kalk: Wenn ich mich nicht taeusche sind die ganzen Felsen hier in der schwaebischen aus Kalkstein. Es waere also kein Problem an den Kalk dran zu kommen. Ob der Gedanke damals entstanden ist ... tja. Irgendwie haben ses auch geschafft auf die Idee zu kommen eine grosse Lehmroehre aufzustellen und da Kohle anderes Zeug drin zu verbrennen um dann Eisen zu gewinnen ...

Das mit den Farben ist ja interessant. Klingt irgendwie Wiederspruechlich, aber interessant zu wissen. Ich habe auf der Suche hier nach Erzen beim buddeln schnell aufgegeben weil der Boden nicht roetlich genug war. Denke dieser vermeitliche Erkenntniss werde ich dann nochma auf die Probe stellen.

VIelen Dank fuer deine Erklaerungen Rom! Wenn du mal noch Zeit und Musse findest, koenntest du mir vielleicht mal noch meine grosse Frage zur Einstellung des Kohlenstoffgehalts erklaeren. Grundsaetzlich haette ich behauptet: Desto hoeher die Temperatur, umso hoeer der Kohlenstoffgehalt (zu hohe Temperatur => Gusseisen). Aber dann ist da ja noch die Schlacke die da auch noch einen Faktor hat. Wenn man sich zum Beispiel des Mastermyr Fund anschaut, weckt es den Anschein, dass damals sehr viel sehr weiches Eisen existierte und Kohlenstoffreicher Stahl "seltener" war. Warum sonst sollte ich einen Hammer aus weichen Material schmieden und Hammerbahn und Finne aufschweissen?

Beste Gruesse,

Lenni
27. September 2017 um 14:49
Hallo Lenni,

Die Bezeichnung Bohnerz, sorgt gelegentlich für Konfusion. 

Da es zum Thema Aufkohlen eine Menge zu beachten gibt, schlage ich vor du fährst einfach mal deinen ersten Ofen und wir unterhalten uns später über die weiteren Schritte.
Halte uns auf dem laufenden und habe keine Hemmungen Fragen zu stellen.

Ich wünsche dir viel Erfolg.

Gruss Rom.
Mit besten Grüssen 
Rom. 
Zuletzt bearbeitet: 8. Oktober 2017 um 10:34
28. September 2017 um 16:53
Hi Rom,

hoch interessant. Das sollte man vielleicht mal in einem extra Thread ausweiten.

Nach stundenlangem waschen und sieben habe ich jetzt mein Erz komplett und ich kommt auf knapp 2 10L Eimer die ich jetzt am Wochenende mal verhuetten werden. Da es doch recht kruemelig ist, werde ich lieber 1kg Erz mit 2kg Kohle befeuern, damit etwas Platz zwischen den Erzlaagen entsteht, oder meinst du ein anderes Verhaeltniss macht vielleicht mehr Sinn?

Hier nochmal zwei Bilder von einer geroesten Probe. Einmal nur fein gesiebt und einmal grob gesiebt.
IMG_0685.jpg

IMG_0686.jpg

Habe etwas sorge zu wenig eigentliches "Bohnerz" zu haben. Aber vielleicht schafft es ja doch eine kleine Luppe zu werden.
Welche Ofenmasse wuerdest du empfehlen? Ich habe ueberleg um das Durchrieseln zu verhindern, waere doch wahrscheinlich ein eher schmahlerer aber dafuer hoeherer Ofen besser oder? Was ist so die Mindestbreite die man beibehalten sollte, damit die Durchstroehmung nicht behindert wird? unten 40cm oben 30cm?

Gruss,

Lenni
28. September 2017 um 22:48
Guten Abend Lenni,

Die doppelte Menge Kohle im Verhältniss zum Erz, wäre ein fataler Fehler!
Wenn du auf der sicheren Seite sein willst dann wäre das Umgekehrte Verhältniss eher empfehlenswert. Warum das so ist erzähle ich dir später.
Also 1:1 ist ein Verhältniss welches ich empfehlen würde , besser wären 800g Kohle auf 1 Kg Erz binnen 10 min .
In einem Schacht von 30cm Innendurchmesser auf Sohlenhöhe , und 22cm an der Gicht. Die Düse sollte 20cm über der Ofensohle , ca 25° nach unten geneigt sein. 80cm Schacht über der Düse reichen. Die Düse sollte am Mund einen Durchmesser von 25mm haben. Das Gebläse ist noch von Wichtigkeit, falls du nicht auf Bälge zurückgreifen kannst. 10millibar sind absolut Wichtig.

Zum Durchrieseln....
Nimm die Kohle ausreichend Grob, 3cm) und bereite daneben feine Kohle vor, in der Grösse zwischen Erbsen bis max. Haselnussgrösse vor die du als Schicht auf die gröbere aufgibst bevor du das Erz aufgibst.

Gruss Rom.

 
Mit besten Grüssen 
Rom. 
5. Oktober 2017 um 13:56
Hallo Lenni,

Wie ist es denn gelaufen?

Gruss Rom.
Mit besten Grüssen 
Rom. 
9. Oktober 2017 um 20:17
So. Sorry erstma, aber ich bin die Tage zu nischt gekommen. 

Hier erstmal der Ofen:

IMG_0694.jpg

Hier sieht man auch schon den grossen Fehler. Beim Hochstellen der Blasebaelge hatte ich nach gut 3Tagen Akkordarbeit nicht mehr genuegen Musse und habe eine zu wacklige Konstruktion gebaut. Dadurch ergab sich immer wieder das Problem, dass die Baelge rutschten, sie gerichtet werden mussten und somit die Luftzufuhr immer wieder abriss. Der Gegendruck wurde somit sehr schnell groesser. Die ersten 4 Beschickungen waren noch im Rahmen von 7Minuten, dann ging es recht schlagartig hoch auf ca 12min. Ich habe immer wieder mal ueber der Duese geoeffnet um Schlacke vor der Duese weg zu stossen, aber jedes Mal sah ich das selbe Bild: Hinter der Duese war nicht genuegend Kohle und anstatt gleissender Hitze sah man eher ein kraeftiges Orange.
Die letzten 2 Stunden musste sich vor Allem auf eine Baelge eine zusaetzliche Person mit vollem Gewicht drauf stuetzen, sodass wir nach ca. 4 Stunden so erschoepft waren, dass wir abbrechen mussten. Wir haben dann noch ca 20min mit Luftzufuhr abbrennen lassen, bis dann wieder die Baelge verrutschten und wir voellig entkraeftet abgebrochen haben.

Das Ergebniss war soweit eine leicht magnetische Schlacke:
IMG_0709.jpg

IMG_0706.jpg

Der Anschnitt mit der Steintrennscheibe auf der Flex hat dann erst noch "groessere" Eisenflaechen erhofft, erwies sich beim Schmieden als Falschmeldung. Ich befuerchte dass die Schlacke durch die Flex regelrecht poliert wurde und so im Werkstattlicht nach Eisen aussahen. Funken habe ich beim Trennen, sowie Anschleifen mit der Schruppscheibe zumindest nicht gesehen. Beim Versuch die Luppe zu packen broesselte sie bei den leichtesten Schlaegen nur auseinander und alles was sich formen liess, schien doch nur "schmiedbare" Schlacke zu sein. Ich werde im November in einer grossen Bodenesse nochmal versuchen die groeseren Schlackekuchen zu formen. Meine Esse zu Hause schien mir dafuer etwas zu klein.

Ich denke ich moechte das Erz aber dennoch nochmal verhuetten. Dann aber mit den Baelgen die wir mit Robert und Frank aber immer in Brandenburg benutzt haben oder mit einem Geblaese. Ausserdem muessen die Baelge auf den Boden. Ich haette den Rennofen einfach "einbuddeln" sollen, was leider im Wirrwarr der  moeglichen Aufstellungsorte irgendwie verlohren ging.

Alles an Vorschlaegen zur Weiterverarbeitung der Schlacke/Luppe und der naechsten Reise ist herzlichst willkommen :) 

Beste Gruesse,

Lenni
9. Oktober 2017 um 21:15
Und welche Chargenmengen und Verhältnisse hast du gewählt?

Wieso ist die Düse so hoch?

Gruss Rom. 
Mit besten Grüssen 
Rom.