Bayerisches Pfund?

February 25, 2016 at 9:44 AM

Hallo die Herren (gibts hier eigentlich auch Frauen?),

ich habe hier einen Amboss und eine These. Sagt mir mal bitte, ob ihr glaubt, die beiden passen zusammen.

Amboss:

Der Amboss hat eine 2 6 3 am Fuß "eingeschlagen". Er wiegt ca. 145 kg (Auto mit und ohne Amboss auf LKW Waage). Ist geschmiedet mit aufgeschweißter Platte (1,5 cm). Jedenfalls sehe ich eine durchgehende Schweißnaht 1,5cm unter der Bahn. Der Rumpf scheint aus einem Stück zu sein. Bahn hängt mittig minimal (1mm) durch. Kanten nicht mehr schön. Klang zauberhaft

Bin aus Bayern und habe ihn auch in der Nähe gekauft.

Form: Habe mal etwas von einer bayerischen Form gelesen aber nie gesehen. Entspricht der Aboss der bayerischen Form bzw. wie sieht die aus? Ich hätte jetzt gesagt Norddeutsche Form. Wobei ich nicht weiß wo der Unterschied ist.

These:

So... ich behaupte jetzt mal dass es sich bei der 263 um die Gewichtsangabe in bayerischen Pfund (560g) handelt und dass der Amboss vor 1872 (Einführung des metrischen Systems) hergestellt wurde.

Bayrisches Pfund ist eine historische Einheit welche bis 1872 benutzt wurde.

https://de.wikipedia.org/wiki/Alte_Ma%C3%9Fe_und_Gewichte_(Bayern)

Multipliziert man die 263 mit 0,56kg bekommt man ca 147kg raus. Ist wenn man eine gewisse Tolleranz bei Wiegen berücksichtigt schon recht nah dran. Auch habe ich keine Einheit gefunden die beim Umrechnen plausibler wäre. 

Alternativ: Können auch Wiener Pfund (560,012 g) sein an welche die bayerischen angelehnt sind und der Amboss ist aus Östereich.

Indiz: Ich hab bei Googlebooks eine "Kleinanzeige" (leider ohne Tel. Nummer ) im "Königlich Bayerisches Intelligenzblatt für den Rezat-Kreis: von 1831" gefunden.

Da verkauft einer einen Amboss mit 90 Pfund. Gehandelt wurden sie damals anscheinend in Pfund.

amboss_anzeige1831.jpg

Sonstige Fragen an euch:

1. Ich habe mit dem Gedanken gespielt, die kurze Seite der Bahn (also gegenüber vom Horn) anzuschleifen damit ich wenigstens eine vernünftige Kante habe. Zweifel sind allerdings auch da. Sollte man das bei so einem alten Stück machen oder lieber die Finger davon lassen? DasTeil hat ja auch einen gewissen historischen (evtl. auch monetären) Wert, den ich ungern vernichten/mindern würde.

2. Ab wann wurden den Herstellerbrandings bei Ambossen benutzt? Ist das erst im 20. Jhd in Mode gekommen oder war das vorher eigentlich auch üblich? Bzw. ist es normal das dieser hier keine hat?

Damals war das Markenbewusstsein ja noch nicht wirklich geprägt und wenn man etwas gekauft hat dann wahrscheinlich wegen der offensichtlichen Qualität und nicht weil ein Marke dafür einstand (freie Behauptung!).

Freu mich auf eure Gedanken und Meinungen.

Gruß Martin

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Last edit: February 25, 2016 at 4:18 PM, Martin
February 25, 2016 at 6:36 PM
@Smoke: ein schönes altes Teil hast Du da erstanden!
  • Die Idee mit den Pfund finde ich ganz interessant und irgendwie logisch. Wobei es ja nicht bayrische Pfund sein müssen. War ja damals allgemein ein übliches Gewicht.
  • Ein bayrischer Amboss ist das allerdings nicht, ich würde auf norddeutsche oder holländische Form tippen.
  • Herstellerzeichen waren auch im 18. und 19. Jhdt. schon weit verbreitet. Vllt. ist es ja im Laufe der Zeit weggerostet? Oder weggeschliffen? Oder es war keins drauf, warum auch immer. Es gibt jedenfalls viele alte Ambosse mit Herstellerzeichen!
  • Ob Du die Kante abschleifst musst Du selbst wissen. Ein Wertverlust entsteht da wohl eher nicht. Man kann scharfe Kanten auch durch ein Gesenk (Setzhammerunterteil bzw. Setzstöckel) herstellen.

Übrigens: kennst Du diese Seite schon?

Gruß DerSchlosser

Ein Hoch dem ehrbaren Schmiedehandwerk!
Last edit: February 25, 2016 at 6:39 PM, Martin Hartung / DerSchlosser
February 25, 2016 at 10:43 PM
Hi find ich schön dass du ihn schön findest
Die Seite von Refflinghaus kenn ich bereits. Du meinst weil ich geschrieben hab der Rumpf sieht so aus als wäre er aus einem Stück?
Wollte damit nur sagen dass es halt so aussieht. Wahrscheinlich einfach gut gemacht... Oder schlecht geschaut
Ich hab mein ganzes "Amboss Halbwissen" ja eigentlich nur aus diesem Forum und ein paar anderer Inet Quellen. Euch hab ich es wahrscheinlich zu verdanken dass ich kein totales Glump gekauft hab. 

Die Idee mit Pfund (500g) bzw. englischen Pfund hatte ich Anfangs auch. Nach dem Wiegen aber wieder verworfen. Die Waage geht schon recht genau (geeicht etc.).  Um aber bei der Umrechnung von Kilo auf Pfund zu kommen, scheint für mich das bayerische Pfund als einziges wirklich in Frage zu kommen. Die ganzen anderen historischen Pfund Gewichte (https://de.wikipedia.org/wiki/Pfund) liegen alle zu weit drunter. Geht rechnerisch nicht auf. Und passt eben auch von der Lokalität.

Wie sieht denn ein bayerischer Amboss aus? Bzw. gibts die Form wirklich?
Gibts da eigentlich empfehlenswerte Literatur? Also Amboss allgemein natürlich. Sammlungskataloge etc.? Eine Sammlung aus den USA hab ich online gefunden. http://www.anvilfire.com

Das mit dem Gesenk hab ich schon gelesen. Denk werd ich machen und die Kante in Ruhe lassen. Danke für den Hinweis.
Last edit: February 25, 2016 at 11:01 PM, Martin
February 26, 2016 at 11:44 AM
Gibts da eigentlich empfehlenswerte Literatur?


Es gibt ein Heftchen "Ambossformen" von Josef Moos, das besitze ich auch. Es sind schon mal sehr viele Formen abgebildet (aber mit Sicherheit nicht alle!). Darin ist jedenfalls ein "altbayerischer Amboss" aufgeführt, welcher nicht der Form Deines entspricht.

 

Zum Thema Pfund: Der Amboss könnte , obwohl er nicht die Bayrische Form hat, dennoch in Bayern hergestellt worden sein!

Bei Refflinghaus in NRW werden ja auch süddeutsche Ambosse hergestellt

 

Gruß DerSchlosser

Ein Hoch dem ehrbaren Schmiedehandwerk!
Last edit: February 26, 2016 at 11:47 AM, Martin Hartung / DerSchlosser