Einsteigeranleitung in das Thema Schmieden

22. Juni 2013 um 18:49
Hallo liebe Schmiede, Fortegschrittene und Neueinsteiger,

Ich möchte hier in diesem Thema besonders auf die Neueinsteiger eingehen. Ihr sollt hier erfahren, wie ihr euch in der Anfangszeit eure Materialen und Werkzeuge beschaffen könnt.

Zu aller erst das was ihr nicht hören wollt: Man kann sich NICHT innerhalb kurzer Zeit mit wenig Aufwand und wenig Geld eine tolle Schmiedeausrüstung zulegen. NEIN das geht nicht. Findet euch damit ab, ich habs auch erst nicht wahrhaben wollen :)

Es gibt jedoch Wege, wie ihr mit einger Zeit und ein bisschen Aufwand und Geld euch eine Ausrüstung zulegt, mit der ihr schon schön Schmieden könnt.

Erstmal eine Übersicht was ihr alles Benötigt:

1. Amboss
2. Schmiedeesse
3. Hammer
4. Material
5. Schutzausrüstung
6. Ambition und Interesse

Letzteres kann ich euch nicht geben, das müsst ihr selbst zeigen. Ich beginne nun von ganz oben.

Als erstes braucht Ihr mal einen Amboss. Ein Amboss ist ein großer Metallklumpen auf dem Ihr arbeitet. Wichtig hierbei ist, dass er hart ist, und groß genug. Wenn ihr einen Amboss sucht, schaut auf Ebay (Fingerweg von dort angebotenen Gussambossen) bzw. Kleinanzeigen, lest in der Zeitung die Kleinanzeigen, fragt euch in eurem Dorf rum. Jedes Dorf hatte früher seinen Dorfschmied, die haben auch noch viele Beziehungen zu anderen und können euch da sicher was beschaffen. Falls ihr nicht das Geld habt könnt ihr es euch auch Einfacher machen. Geht in den Baumarkt und kauft euch einen groooßen Vorschlaghammer. Entfernt den Stiel, besorgt euch einen großen Holzklotz und bohrt Löcher rein. Stemmt die Löcher so aus, dass der Vorschlaghammer mit der Finne (dem spitzeren ende) hineinpasst. Schon habt ihr einen kleinen Amboss auf dem ihr Arbeiten könnt. Ihr könnt den Vorschlaghammer auch noch bearbeiten, mit der Flex zuschleifen. Schleift euch eine Scharfe Kannte rein, rundet eine Ecke schön rund ab, so könnt ihr so ziemlich alles Schmieden was ihr auch auf einem Normalen Amboss schmieden könnt.

Ebenfalls braucht ihr eine Schmiedeesse bzw. eine Feuerstelle wo ihr euren Stahl erhitzt. Ihr könnt euch selber eine Esse bauen, aus Lehm, Ziegeln und Schamottsteinen und nem Föhn. Oder ihr kuckt euch wieder in Ebay, Kleinanzeigen usw. um. Ihr könnt euch auch eine Gasesse selber bauen, Anleitungen dazu gibts hier im Forum viele. Nutzt die Suchfunktion und lest ein bisschen :)

Hämmer sollten nicht so schwer zu besorgen sein, ihr kommt im grunde am Anfang auch mit 2 stück leicht aus. Einen Schwereren (so ca. 1,5/2 Kg) und einem Leichteren (800gr). Besorgt euch normale Schlosserhämmer. Ihr könnt euch auch einen Kugelhammer besorgen, die Kugel ist für so manches Werkstück von vorteil.

Material bekommt ihr am Besten auf dem nächsten Schrottplatz/Wertstoffhof... Fragt nach, sagt was ihr damit anstellen wollt, trinkt ne Tasse Kaffe mit denen oder spendiert ihnen nen Kasten Bier, die kennen unseren Schlag schon Möglicherweise kennen die auch andere Schmiede, bei denen ihr mal zuschaun könnt bzw. euch mit denen in verbindung setzen könnt. Beginnt am Anfang am besten mit Baustahl, mit dem könnt ihr fast nichts Falsch machen. Später könnt ihr mit Autofedern, Feilen und Hammerköpfen arbeiten, lest euch dazu aber hier im Forum nochmal Informationen über die Stähle durch.

Kommen wir zu etwas wichtigem, der Schutzausrüstung. Besorgt euch Schweißerhandschuhe mit Stulpe, die sind normalerweise komplett aus Leder (ihr müsst nicht immer welche Tragen, ich trag zum Beispiel an der Hammerhand nie einen Handschu, aber ab und zu braucht man sie schon). SCHUTZBRILLE ist ein muss als Ausrüstungsgegenstand, Zunder macht sich nicht gut in den Augen. Es schmieden zwar viele auch ohne Schutzbrille, (ich auch ab und zu) dennoch ist gehe ICH das Risiko ein, ob ihr das macht müsst ihr selbst bestimmen. Besorgt euch Gehörschutz, vorallem wenn ihr einen Klingenden Amboss habt. Ohropax (die stöpsel zum reinstecken) gehen gut, ihr könnt aber auch ne Mickimaus kaufen. Eine Lederschürze ist nicht so wichtig, ihr solltet aber lange Hosen (am besten mit schlag der über die Schuhe geht) und festes Schuhwerk (am besten mit Stahlkappen) kaufen da ihr mit schweren Werkzeugen rumhantiert.

Ich hoffe ich konnte euch Tipps vermitteln und euch einen Einstieg in das Schmiedehobby gewähren. Ausrüstung ist wie Erfahrung, sie kommt mit der Zeit. Aber man muss auch nicht die tollsten Werkzeuge haben um Schmuckstücke zu zaubern :)

Viele Grüße,
Alex


23. Juni 2013 um 10:13
NACHTRAG:

Auf wunsch bzw. bitte werde ich mich hier noch einmal kurz über Zangen unterhalten, die ihr wohlmöglich auch brauchen werdet.

Wenn ihr euch Baustahlstangen hohlt braucht ihr oft keine Zangen, da ihr das Material lange genug habt um es mit den Händen anzufassen. Versucht dies auch immer zu haben, denn die eigene Hand ist die beste Zange!!! Oft bleibt euch aber nichts anderes Übrig und ihr braucht eine Zange. Nun, ihr könnt euch natürlich Zangen kaufen, doch bedenkt, ihr seid Schmiede. Ihr könnt euch eure Zangen selber machen, Anleitungen gibts dazu in fast jedem Schmiedebuch, auf Youtube und (wenn ich mich nicht irre) auch hier im Forum. Das schöne dabei ist, dass ihr euch die Zangen genau so machen könnt wie ihr sie braucht. Auch hier gilt, wer nicht  selbermachen will, frägt sich bei anderen Schmieden durch...
Ihr könntet euch auch eine neue Zange (am besten Wolfsmaulzange, die könnt ihr als einsteiger am öftesten gebrauchen) kaufen, die eben super funkioniert kaufen und euch im verlauf der Zeit dann nach und nach eure eigenen Zangen schmieden.
Wichtig bei Zangen ist, dass sie das Werkstück FEST halten. Wenn ihr euch eine Zange für Hammerköpfe macht, diese nicht richtig greift und euch das Werkstück auskommt... Einen 900 Grad heißen Metallblock der durch die Gegend fliegt will kein Mensch haben...
Zangen müssen nicht immer schwer und groß sein damit man mit ihnen gut arbeiten kann. Oft erziehlt man mit feinen und kleinen Zangen die selbe Griffwirkung.

Viele Grüße,
Alex
23. Juni 2013 um 12:06
Also ob die Sache mit dem Vorschlaghammer wirklich praktikabel ist, wage ich zu bezweifeln. Hast Du es selbst ausprobiert?

Meiner Meinung nach ist ein Stück Eisenbahnschiene ein besserer Ambossersatz, man kann auch ein oder 2 Hörner herausschleifen Klick
Am besten ist natürlich immer noch ein richtiger Amboss, mit etwas Geduld wird man auch für wenig Geld einen bekommen.

Gruß,

DerSchlosser
Ein Hoch dem ehrbaren Schmiedehandwerk!
Zuletzt bearbeitet: 23. Juni 2013 um 12:15, Martin Hartung / DerSchlosser
23. Juni 2013 um 12:12
@DerSchlosser: Ich kann es auf jedenfall bestätigen! Habe neben meinem kleinen Amboss auch immer nen dicken Vorschlaghammerkopf liegen, auf dem ich die grobe Form rausarbeite, um den Amboss zu schonen und so. Ist seeehr leise und sehr kompakt=schwer. Klappt super für den Anfang.

Gruß Niklas 
23. Juni 2013 um 12:27
Hallo DerSchlosser,
ich habe am anfang genauso wie du gedacht, aber ehrlich gesagt find ich die Vorschlaghämmer noch besser wie die Eisenbahnschienen. Ja, bei den Schienen kann man noch hörner Rausschleifen, das ist ein Vorteil. Doch die Hammerköpfe haben eine sehr kompakte Form und daher die Masse des Eisens direkt unter der Schlagfläche. Ich hab mir jetzt sogar wieder (obwohl ich ja schon einen guten Amboss habe) einen Vorschlaghammeramboss gemacht. die sind klein, Handlich, nicht zu schwer und dennoch kann man toll drauf arbeiten. Man kann auch mit der Flex die Kanten des Vorschlaghammer toll bearbeiten, ich hab z. B. bei meinem bei einer Seite eine scharfe Kante geschliffen (zum absetzten etc.), eine gerundete Kante, eine Schräge und eine so gelassen wie sie war. Man kann auch eine seite des Hammerkopfambosses rundschleifen, so hat man auch was wo man große Rundungen schmieden kann. Generell finde ich dass man Eisenbahnschienenambosse und Vorschlaghammerkopfambosse gleichsetzen kann, wobei ich eher zum Vorschlaghammer tendieren würde... Die Eisenbahnschiene hat zwar oben viel Fleisch an Material, allerdings sitzt das ja nur auf diesem "dünnen" verbindungsstück. Beim Vorschlaghammer hat man einfach die Ganze Masse unter der Arbeitsfläche :)

Viele Grüße,
Alex
23. Juni 2013 um 14:52
Ich hätte auch noch 2 Dinge zu ergänzen:

1. Hämmer:
Wie Alex schon geschrieben hat kann man für den Anfang erstmal alte Schlosserhämmer verwenden und die Kanten etwas abschleifen.
Ich bin mittlerweile kein Fan mehr von solchem Werkzeug, aber ich muss zugeben, dass ich auch so angefangen habe.

Für diejenigen, die schon anfangen wollen sich Werkzeug selber herzustellen ist es oft noch zu schwierig einen Hammerkopf zu lochen, das Material zu bekommen und einen Hammer komplett selber zu schmieden.
Stattdessen kann man sich im Baumarkt oder irgendwo auf dem Schrottplatz einen alten Fäustel suchen und diesen dann zum ersten eigenen Schmiedehammer umschmieden.
Der Schlosser sollte hier mehr von berichten können.
Man kann auch alte Maurerhämmer zu Setzwerkzeugen umschmieden (z.B. zu einem Spalthammer).

2. Provisorischer Amboss:
Wenn man ein bisschen sucht kommt man häufig an Setzambosse. Diese bieten noch ein bisschen mehr als ein Vorschlaghammerkopf. Vorallem was die Stabilität angeht. Der Zapfen hält wesentlich besser im Holz als eine Hammerfinne.
Für die Kanten gilt das Gleiche wie für den Vorschlaghammeramboss.
 
Sowas in so groß wie ihr kriegen könnt: Klick

Gruß
Willi
www.schmiedekunst-weyer.de
23. Juni 2013 um 14:58
Danke Willi für deine Ergänzungen!

Ja, ich weiß was du meinst, ich habe auch mit Schlosserhämmern angefanen und diese zugeschliffen... Mittlerweile mach ich mir meine Hämmer auch lieber selber... (wenn auch oft noch aus alten Kaputten, da ich erst noch Material beschaffen muss).

Klar, Setzambosse sind für solche Zwecke besser geeignet, aber ich denke dass für einen Neueinsteiger ein Vorschlaghammerkopf eher noch zu ergattern ist :)

Viele Grüße,
Alex
23. Juni 2013 um 15:09
@Willi: Du meinst sicher einen Stiftamboss.
Die gibts manchmal auch günstig bei ebay.

@alle: Das Umarbeiten eines alten Fäustels zum Schmiedehammer funktioniert ganz gut, wenn man eine passende Zange hat. Beim Finne ausrecken muss man darauf achten, daß das Material gut durchgewärmt ist, ansonsten schiebt es sich übereinander und man bekommt vorne eine Kerbe.

Gruß,

DerSchlosser
Ein Hoch dem ehrbaren Schmiedehandwerk!
Zuletzt bearbeitet: 23. Juni 2013 um 15:09, Martin Hartung / DerSchlosser
24. Juni 2013 um 14:39
So, mein erster Post hier im Forum - bin auch seit einem jahr mit dem Schmiedefieber infiziert und gebe gerne meine erfahrung mit der Eisenbahnschiene weiter:

Die Eisenbahnschiene funktioniert sehr gut, wenn man folgendes berücksichtigt:
1. nehmt ein größeres Stück, das macht einfach mehr Masse. mein erster Eisenbahn-Amboss war 45cm lang.

2. diese Bahn ist nun leicht ballig. Fürs Klingenschmieden reicht das vollkommen aus, durch die ballige Bahn kann man die alten Blattfedern, Spiral-KFZ Federn oder was auch immer, schön in die Länge treiben.

3. Schlichten (also das ganz saubere 'plattmachen' des Werkstücks: Funktioniert halt nicht soo fein mit einer leicht balligen Bahn. Lösung: mit dem alten Elektroschweissgerät (meines ist etwa 40 Jahre alt und hat satte leistung bis 220 Amp) am Rand der Schiene mittels sog. "Panzerelektroden" Auftragsschweissungen (lange Raupen) aufbringen. Das ist etwas mühsam, weil man die Schlacke immer wegkratzen muss bevor man die neue Raupe drüberlegt - lohnt sich aber.
Viele Schleifscheiben später hat man dann eine perfekte Bahn mit scharfen Kanten, der Rest der Schiene bleibt leicht ballig, so viel wie man halt möchte.

4. Masse der Schiene: natürlich nicht mit Amboss vergleichbar. ich hab das Teil auf einen ordentlichen Baumstamm gestellt, zwischen Schiene und Stirnholz hab ich schwere Dachpappe gelegt (so ca 1cm in Summe), dann das ganze mit 200er Nägeln fixiert (Nagel bis auf 3-4c, einschlagen und dann zur Schiene hin einfach umschlagen. Und wenn es dann beim Hämmern noch immer klirrt, dann einfach ein paar Meter alte Ketten (gibts auf jedem Schrottplatz in rauhen Mengen) rundherum wickeln.

Nachdem ich das Glück hatte, eigentlich von Anfang an mit einem Amboss zu arbeiten, hab ich die oben beschriebene Lösung eigentlich nur als Reserve bzw. Zweiamboss für meine Kinder gebastelt.
Ich habe dann vor einigen Wochen zum erstem Mal ein paar Klingen damit geschmiedet und war ganz ehrlich total überrascht, wir gut das Teil funktioniert.

Vielleicht konnte ich Dir für den Anfang etwas helfen!

LG aus Niederösterreich
Stephan

PS: Was die "Vorredner" noch nicht geschrieben haben: Das wichtigste, was Du am Anfang benötigst, ist ZEIT, ZEIT und nochmals Zeit. Frag mal meine Frau...