30. Mai 2017 um 13:42
Hallo,

Impulserhaltungssatz ist mir auch bekannt. In den Impuls geht aber zum einen die Geschwindigkeit in gleicher Höhe ein wie die Masse. Also darf ich bei einer Hammer-Amboss-Kombination, die der Faustregel entspricht, auch nicht wie von Sinnen mit dem Hammer losprügeln. Ich nutze ohnehin meisten eher das Gewicht des Hammers und die gute Erdanziehungskraft bei der Arbeit, als dass ich den Hammer großartig Richtung Werkstück heftiigst beschleuningen würde.

Zum anderen liegt unter meinem Amboss eben nicht der Nachbar, sondern der Ambossstock. Auch wenn dein Bild sehr amüsant ist... :) Und wenn die Verbindung zwischen Amboss und Ambossstock kraftschlüssig ist, wird die Masse des Ambossstockes der des Ambosses zugeschlagen, was die Impulserhaltung angeht. Und dann kommen ja unter Umständen auch noch dämpfende Elemente hinzu, nicht zuletzt das Werkstück selbst. Denn da soll die Energie (der Impuls in dem Fall) ja schließlich zum größten Teil rein, damit es sich nämlich verformt. Wenn man natürlich (zu) kalt schmiedet...

Wenn man diese Faustregel mal auf einen Maschinenhammer überträgt, dann müsste die Schabotte ja auch 30x Bärgewicht wiegen, oder? Tut sie das? Wird dort nicht auch das Fundament entsprechend dimensioniert? Ich hab von Maschinenhammer keine Ahnung, lese hier nur manchmal mit, wenn ich Zeit habe. Aber das Fundament schien mir immer immens wichtig zu sein, genauso wie der Einsatz von entkoppelnden (dämpfenden) Elementen wie Matten und ähnliches. Vergebt mir, wenn ich da jetzt nicht die korrekten Begriffe benutzt habe - wie gesagt interessiere ich mich für die Maschinenhämmer nur ganz am Rande und bin da sicherlich nicht firm drin.

Die Regel bedeutet nebenbei auch, dass man für das Schmieden mit Zuschläger dann ja offenbar mindestens einen Amboss der 200kg-Klasse braucht, wenn der Zuschläger einen Vorschlaghammer benutzt (6kg haben die ja wohl mindestens).

Grüße, Michael, der dazu erzogen wurde immer dumme Fragen zu stellen, bis er Sachen versteht, statt einfach Dinge als gegeben hinzunehmen... ;)
30. Mai 2017 um 14:33
Hallo Michael,

da kann ich nur bedingt zustimmen.
Ja, Geschwindigkeit und Masse wirken in gleichen Anteilen mit. Aber der entscheidende Unterschied ist doch welche Geschwindigkeit der Amboss nach dem Schlag hat. Und hier gilt: je größer die Ambossmasse, desto geringer wird dessen Geschwingkeit, was wieder für eine große Ambossmasse spricht.
Aus heutiger Sicht kann man die Ambossunterlage hinzurechnen wenn sie tatsächlich kraftschlüssig mit dem Amboss verbunden ist. Das habe ich bisher nur selten gesehen, meist ist es doch eine elastische Lagerung mit entsprechender Fuge. Aus den Tagen der Faustregel war doch der übliche Ambossuntersatz ein Holzklotz, im besten Fall war der Amboss darauf geklammert, aber nicht kraftschlüssig verschraubt. Wir haben da heute andere Möglichkeiten.
Ich gebe dir Recht, wir können die Formel 30xHammergewicht durchaus in Frage stellen. Z.B. kann über die Energieerhaltung nachgewiesen werden, dass für eine Werkstückverformung die Energie eines 5Kg Hammers  auf einem Amboss mit der Masse von 100kg ausreicht. Klingt theoretisch, ist es ja auch. Unsere Altvorderen haben sich dieser Erkenntnis mit viel Erfahrung genähert, bis man wußte: hat mein Amboss dass 30ig-fache Gewicht meines schwersten Hammers liege ich auf der richtigen Seite, tätige keinen Fehlkauf und habe immer noch Reseve.
Zum Thema Maschinenhämmer: hier haben wir in der Tat eine kraftschlüssige Verbindung von Hammer und Fundament. Nach meiner Kenntnnis sollte das Fundament aber aus Stahlbeton bestehen und von der umgebenden Fundamentplatte entkoppelt sein, dann reden wir über dynamische Fundamentlasten.
Aber zurück zum Amboss: ich finde diese Faustformel als absolut brauchbar und wenn der Amboss etwas mehr Gewicht als vlt. notwendig hat gilt für mich immer noch: haben ist besser als brauchen

Grüße von Alex, der das Forum nicht mit zuviel Theorie langweilen will.
Schmieden, kann man am besten am Amboss.
30. Mai 2017 um 18:17
Mir ist kein Amboß bekannt den jemand kraftschlüssig mit dem Unterbau verbunden hat, ein handelsüblicher Amboß  ist auf der Standfläche nicht mechanisch bearbeitet.
Eine Ausnahme sind die Steckambosse die in einen Sandstein gesteckt werden, selbst bei denen ist vom Kraftschluß nur unter Vorbehalt zu sprechen da der Sandstein recht weich im Gegensatz zum Amboß ist.

Ein Amboß ist auch nicht dafür ausgelegt daß man ihn kraftschlüssig mit dem Unterbau verbindet, gerade bei den alten verstählten Ambossen wird der Amboß durch Überbeanspruchung  zerstört, unzählige Beispiele mit abgebrochenen Hörnern bestätigen das.
Wenn ein Amboß fest mit dem Unterbau verbunden ist steigt das Risiko eines Hornbruchs.

Die theoretischen Argumente sind wohl nachvollziehbar und verlockend, wir könnten alle eine Menge Geld sparen wenn wir auf einem 10Kg Amboß schmieden würden der fest mit einem Stahluntersatz verbunden ist, wer das machen will...nur zu.
Schmieden lernt man am Amboß

Zuletzt bearbeitet: 30. Mai 2017 um 19:57
30. Mai 2017 um 20:39
Was wir bei der Betrachtung ebenfalls nicht vergessen dürfen sind die unterschiedlichen Ambossteile. Auf der Luppe überträgt sich die Kraft senkrecht in Richtung Boden, ähnlich der Schabotte eines Krafthammers. Auf den Hörnern wirkt sie in erster Linie über den Hebel auf das gegenüberliegende Horn. Fehlt hier Masse, tanzt der Amboss und das sorgt für schwächere Verformung.
Sinn der Masse ist es ja, die Energie möglichst vollständig in die Verformung zu bringen und nicht in der Bewegung des Ambosses zu verschwenden.

Hier spielen viele Faktoren eine Rolle die unsere Faustregel wird durch diese bestimmt um mehr als 50% beeinflusst.
Grüße aus dem Oberberg

Steffen
30. Mai 2017 um 21:50
...o.k Männer - entgegen allen Theorien und aus lauter Trotz möchte ich abschließend einfach folgendes behaupten:
Mit dem Abmoßgewicht ist es wie beim Hubraum, durch nix zu ersetzen, außer durch mehr...

Euer Diplomat B V8 cruisender Holledauer
Unikate müssen nicht zwingend schön sein, nur einzigartig.

Zuletzt bearbeitet: 30. Mai 2017 um 21:52, Holledauer
30. Mai 2017 um 21:53
Hi Steffen, ganz genau darauf will ich auch hinaus. Natürlich ist es Unsinn mit einem großen Hammer am Ende eines Horns zu arbeiten. In der Mitte des Amboss kann man sicherlich über das "Regelgewicht" des Hammers locker hinausgehen, an den Hornspitzen muss man eher drunter bleiben. Auch ein 300kg Amboss wird es nicht leiden mögen, wenn ihm einer mit nem 10kg Hammer aufs Horn gibt. In der Mitte des Amboss ist auch der Kraftschluss fast immer gegeben, sobald man wie es sein sollte mit der Hammerbahn bei Auftreffen auf das Werkstück parallel zur Ambossbahn ist. An den Hörnern hingegen hat man eigentlich nie einen Kraftschluß zum Unterbau, da müsste man den Amboss schon festschrauben, was natürlich dann aber nur dazu führt, dass die "Ausweichbewegung" des Amboss nicht mehr möglich ist und schlicht das Horn abbrechen kann.

Mir war die Regel halt einfach zu pauschal ausgedrückt.

Von dem besagten Steckamboss hab ich mal ein Foto eingefügt - kraftschlüssig im Eicheklotz verbaut - sowas wurde ja nun mal vor Jahrhunderten wirklich benutzt. Der Regel nach dürfte ich darauf aber nur mit einem 100g Hammer arbeiten, was ich für unrealistisch halte - 2kg sind sicher auch nicht so klug... aber es kommt ja wie erwähnt auch noch auf den Krafteinsatz an:

P1030902.jpg

Grüße, Michael
Zuletzt bearbeitet: 30. Mai 2017 um 21:55, Michael (micha76)
30. Mai 2017 um 22:04
...o.k. Micha76,

du schriebst, als Du meine Antwort in Frage stelltest, von einem Steckamoß.
Abgebildet ist schlicht und ergreifend ein Dengelstock.
Bin dann raus aus dem Thema!

Grüße vom Holledauer
Unikate müssen nicht zwingend schön sein, nur einzigartig.

30. Mai 2017 um 22:34
Mir war die Regel halt einfach zu pauschal ausgedrückt.

Die  Faustregel bezieht sich ja auch auf  das empfohlene Amboßgewicht...
Schmieden lernt man am Amboß

Zuletzt bearbeitet: 30. Mai 2017 um 22:48
30. Mai 2017 um 23:03
Holledauer: Das ist ein Steckamboss. Die werden zu unverfrorenen Preisen so von Picard hergestellt und vertrieben.

Zu einem solchen erzählte mir Lutz mal, dass man darauf durchaus mit Zuschläger arbeiten kann, ihn dabei aber verformt. Genau das bringt mich übrigens gerade darauf, dass Du mit der letzten Aussage doch richtig liegst: Mehr Masse! Ich habe bei meiner Betrachtung den Verformungswiderstand vergessen, den der Amboss in sich benötigt. Den hat ein 10kg-Klötzchen nicht. Erstrecht nicht mit Kraftschluss.
Grüße aus dem Oberberg

Steffen
30. Mai 2017 um 23:52
@Steffen,

ein Steckmaboß muß für meine Begriffe eben aussehen wie ein Steckamboß und nicht wie ein Dengelstock...
Meine Vorfahren haben auf Dengelstöcken Sensen gedengelt, daher vermutlich auch die Bezeichnung!?
Ich war in jungen Jahren auch mal Verkäufer - da fällt einem so manche verkaufsförderne Bezeichnung der zu vertickenden Ware ein.... Wie soll ich das hier wohl verdeutlichen? Die Leute lassen sich bei entsprechnder Darstellung wohl alles andrehen...
Ich bleib dabei - Masse ist Klasse!
Sollte ich mal ein "Dengelstöckerl" brauchen so wäre ich vielleicht auch im Anfangsstadium als Hobbyschmied in der Lage, so eins selber zu machen - vielleicht auch nur aus vorhandem C45. In gehärtetem Zustand bestimmt gar nicht mal so schlecht...

Hin oder her - beim Dengeln braucht niemand einen Zuschläger
Unikate müssen nicht zwingend schön sein, nur einzigartig.

Zuletzt bearbeitet: 30. Mai 2017 um 23:58, Holledauer
31. Mai 2017 um 17:06
Hallo!

Also was ich da habe kann man wahrscheinlich mit verschiedenen Namen benennen, je nach Epoche.
Ich hatte in meinem Post erwähnt, dass ich das Stück Metall für eine Mittelalterdarstellung benutze. Orientiert ist das daran:
http://www.afm-oerlinghausen.de/afm-rundgang/fruehes-mittelalter/schmiedehandwerk
Dengelambosse kenne ich zum Beispiel noch erheblich schlanker, eher mit einer Fläche von maximal 5x5cm, eher sowas wie 3x3. Die sehen bei mir aus wie ein extrem überdimensionierter "Nagel", bei dem der Kopf nicht akzentutiert ist sondern eher einen fließenden Übergang / Verdickung bildet. Ich bin gebürtig aus dem Tal der Ennepe, von daher weiß ich was von Sensen und Sensendengeln. Für meinen Bruder hab ich mal einen Dengelamboss aufbereitet, er nutzt ihn auch zum Dengeln seiner Sense.
Werde mal schauen, ob davon ein Bild auftreibe.
Also wieder mal zeigt sich das Problem der Bezeichnungen, werde dann demnächst früher mit Bildern werfen.
Bezüglich Verformung... na klar verformt der sich. Der wird sogar warm, wenn man länger am Stück darauf arbeitet und muss dann erstmal in den Eimer. Ich glaube auch nicht, dass er sonderlich gehärtet ist. So manch ein "moderner" (<200 Jahre alt) Amboss mit Hörnern hat auch eine ordentliche Senke in der Ambossbahn.

Grüße, Michael
Zuletzt bearbeitet: 31. Mai 2017 um 17:07, Michael (micha76)
31. Mai 2017 um 17:59
...die Idee mit den Vorabfotos find ich super!
Hätte zumindest mich vor Verwirrung bewahrt

Grüße Holledauer
Unikate müssen nicht zwingend schön sein, nur einzigartig.

31. Mai 2017 um 19:30
Irgendwie kommt Ihr vom Thema ab. Für mich ist das kein Schmiedeamboss sondern wie beim Holledauer ein übergroßer Dengelamboss.
Ich hab das Sense dengeln noch von meinem Großvater von der Pike auf gelernt und behaupte mal es ganz gut zu beherrschen. Micha auf Mittelaltertreffen mag dieses "Schätzchen" absolut tauglich sein aber in eine Schmiede gehört in meinen Augen ein Amboss ab 100 kg aufwärts. Ich bin auch nicht der Mensch, der jeden Spruch einfach so hin nimmt aber diese Faustregel, ist einfach für mich schlüssig und absolut nachvollziehbar.

Gruß aus Nordhessen

Manfred
31. Mai 2017 um 20:26
Heureka!

Es ist ein Spenglerwerkzeug!
Grüße aus dem Oberberg

Steffen
1. Juni 2017 um 11:37
Es ist ein Spenglerwerkzeug!


ganz genau! Und kein Dengelamboss

Irgendwie kommt Ihr vom Thema ab

das sind wir aber jetzt ganz gewaltig. Siehe das Eingangsposting

 

Gruß DerSchlosser

Ein Hoch dem ehrbaren Schmiedehandwerk!
Zuletzt bearbeitet: 1. Juni 2017 um 11:55, Martin Hartung / DerSchlosser