Suche gebrauchten Amboss - worauf kommt es an?

4. Juni 2013 um 22:51
Hallo!

Ich heiße Bernd und bin neu hier. Ich bin (noch) kein Schmied, möchte damit aber demnächst auf Hobby-Ebene anfangen. Erst mal Kleinigkeiten wie einfache Messer, u.ä. Diese Fragen habe ich bereits in einem Mittelalter-Forum gestellt und wurde von einem netten Foren-Mitglied auf dieses passendere Forum aufmerksam gemacht. So viel dazu, nun zu meinem Anliegen. (Bitte gestattet, dass ich dazu ein neues Thema eröffne.)

Ich durchforste gerade diverse Kleinanzeigen nach Ambossen. Man findet auch erstaunlich viel, doch als jemand, der zwar demnächst mit dem Schmieden von Messern und ähnlichem anfangen will, sich gerade seine erste Ausrüstung zusammensucht, -baut und -kauft, aber noch keine Erfahrung hat, frage ich mich natürlich schon, worauf es ankommt.

Die Frage nach Gewicht und Form ist gar nicht mal das Problem. Ich denke an 100 - 150kg, mit breiter Bahn, mindestens einem Rundhorn und einem Vierkantloch, für Abschröter oder Gesenke oder wie man sie nennt. Kostentechnisch halte ich da 200-250 Euro für realistisch. ABER...

(1) ... das Material: Ich lese immer wieder Gusseisen, Stahlguss, geschmiedeten Stahl. Was denn nun? Ist Gusseisen schlecht? Federt nur Stahl gut? Oder kommt es nur auf die Bahn an? (Die Probe mit der Kugellagermutter kann ich ja schlecht per Ferndiagnose machen.)

(2) ... die Bahn: Offenbar ist eine ebene breite gehärtete Bahn wichtig. Woran erkenne ich eine solche? Woran erkenne ich eine angeschweißte Bahn? (Ist eine angeschweißte Bahn was Gutes?) Womöglich hängt dies ja sehr stark mit Frage (1) zusammen.

(3) ... Rost: Alte Ambosse sind auf den Abbildungen oft stark eingerostet, gerade wenn er lange unbenutzt irgendwo rumgestanden hat. Ist das ein Problem? An der Seite vermutlich eher nicht, aber wie siehts mit einer verrosteten Bahn aus? Hab hier schon gelesen, dass der beim Schmieden zum Teil verschwindet, sonst abschleifen. Aber gibt es da Grenzen, die man schon optisch erkennen kann?

[Da gibt es zum Beispiel einen Amboss von etwa 100kg für knapp über 100 Euro. Wäre ein Schnäppchen, denn der Besitzer behauptet sogar, die Bahn sei gut und das Ding federe bestens. Aber angesichts des Fotos, auf dem der Amboss vor Rost und Dreck (vielleicht auch Öl) nur so strotzt, frage ich mich, ob es sich lohnt, diesen überhaupt angucken zu fahren. Ein anderer Amboss sieht hingegen erstklassig aus und scheint mit 200 Euro bei 140kg auch günstig zu sein. Aber er sei - auf Nachfrage - im Gussverfahren hergestellt (was auch immer darunter zu verstehen ist, Gusseisen oder Stahlguss) und könnte ein paar Macken in der Bahn haben, was auf dem Foto nicht gut zu erkennen ist. Auch hier frage ich mich, ob sich das Ansehen lohnt. Auf Fragen reagieren die Verkäufer zwar, aber nicht immer so hilfreich, wie erhofft, was vielleicht schlicht daran liegt, dass manch einer auch nicht mehr weiß als ich.]

Der langen Rede kurzer Sinn: Habt Ihr ein paar Tipps, worauf ich achten bzw. was ich tunlichst meiden sollte, um eine gute Vorauswahl zu treffen, bevor ich mich auf den weiten Weg mache, um einen Amboss zu besichtigen?

Vielen Dank schonmal fürs Lesen und eine etwaige Hilfe.

Bernd
4. Juni 2013 um 23:28
Hi Bernd,
willkommen hier!
Die SuFu wird bereits die allermeisten deiner Fragen beantworten. Bitte poste doch mal die Bilder des Amboßes, 1€ pro Kg klingt wirklich nach 'nem Schnäppchen, insbesondere in der begehrten 100Kg-Klasse.

Gruß,
Timm
5. Juni 2013 um 00:04
Hier sind Links zu den Fotos:

(1) Der Amboss um die 100kg für etwas mehr als 100 Euro:

Bahn und "Federn" angeblich top, aber seeehr dreckig.

(2) Der Amboss mit 140kg für 200 Euro:

Die Info war "Gussverfahren", Stahlguss oder Gusseisen unklar.

Nummer 1 würde mir zwar reichen, aber wenn 2 passabel ist, warum sollte ich nicht gleich was größeres nehmen.
Zuletzt bearbeitet: 5. Juni 2013 um 00:05, Bernd Lappé
5. Juni 2013 um 00:10
Sehen beide nach 'nem Schnäppchen aus, Kanten offenbar relativ gut. Ich würde nach Möglichkeit den zweiten nehmen, der Voramboß ist sexy. Kommt aber auf den Klang und die Härtung an (Stahlkugel auf die Bahn fallen lassen, und auf gutes Zurückspringen achten, zudem mal den Klang testen, ob der sauber klingt).


PS ...wenn du kannst, nimm beide
Zuletzt bearbeitet: 5. Juni 2013 um 00:12, Timm Esemann
5. Juni 2013 um 00:13
Weiß zwar noch nicht, wozu ein sexy Voramboss  gut ist, aber schon mal vielen Dank für die rasche Diagnose.
Kannst du mir sagen, inwieweit die Info "Gussverfahren" relevant ist? (gut / schlecht / egal, solange...)
5. Juni 2013 um 00:19
Das kommt ganz auf den Guß selbst an. Zunächstmal muss das nichts Schlechtes sein. Der Schlüssel liegt in der Härtung.
Hier mal was zum Thema Amboßherstellung: Refflinghaus
Ich persönlich hätte nichts gegen 'nen Gußamboß, wenn er nicht gerade aus Mannesmanns billiger Chinasuppe kommt.
Sind da Herstellerbezeichungen drauf?
5. Juni 2013 um 00:26
Gut zu wissen, dass Guß per se nicht schlecht ist.
Hatte dazu nämlich irgendwo was gelesen und so mißdeutet, dass Guß schlecht federt.
Klingt aber logisch, dass es im Wesentlichen auf die Bahn ankommt.

Interessanter Link!

Herstellerangaben stehen nicht drauf, aber ich habe schon nachgefragt und warte auf Antwort.

Sollte ich mir den Amboss angucken fahren, werde ich den Test mit der Kugel machen.
Wie hoch sollte sie denn zurückspringen? Die Hälfte? Drei Viertel? 
5. Juni 2013 um 05:45
Hallo Bernd,
Timm hat dir ja bereits alles wichtige mitgeteilt, die sehen beide wie ein Schnäppchen aus. Bernd, sind die Ambosse zum ersteigern oder per festpreis? Möglicherweiße interresiere ich mich auch für den billigeren.
Nun kommt aber noch meine Meinung hier ins spiel:
Wenn ich mir die Ambosse so generell von der Form her ansehe, bin ich mir sicher, dass der alte rostige und ölige Amboss besser ist: Er Hat sehr viel gewicht im "Körper" also über dem Fuß. Ausserdem Behält er die Breite von der Bahn gleich, was zusätzlich gewicht und Rückschlag auf der Ambossbahn bringt (da spielt nämlich nicht nur die Härtung ne rolle).
Der untere Amboss ist ein Gussamboss, das siehst du auf jedenfall rechts unten am Fuß wo die verbindungsnaht ist. Wenn ich so genauer ninsehe, kommt mir da auch der Voramboss etwas komisch vor, der sollte normalerweiße geschwungen nach unten Auslaufen, so hält er  besser, ist stabiler usw. Letztendlich kannst du beide für deine Zwecke nehmen, wobei de Zweitere halt mehr möglichkeiten mit dem Zusätzlich angebrachten Voramboss hat.
Wo stehen denn die Ambosse gerade? Ich interresiere mich nämlich vielleicht für den 100kgler.
Viele Grüße,
Alex
5. Juni 2013 um 06:32
Mein Tipp: Schau Dir den rostigen Amboß an, und vergiß den gegossenen Zweiten. Genau dieses hässliche Teil habe ich mal in einer Silberschmiede gesehen, und selbst da sah die Bahn wie ein Kartoffelacker aus.....

Gruß,

Sebastian
Zuletzt bearbeitet: 5. Juni 2013 um 07:48, Sebastian
5. Juni 2013 um 06:49
Auf jeden Fall den Rostigen mal näher betrachten.

Der aus Guß "könnte" in die Anfangszeit der schlechten Qualität gehören.
Das lässt sich aus der Ferne schlecht beurteilen.

Gruß Heinz
5. Juni 2013 um 07:47
Vielen Dank für die hilfreichen Meinungen.

Dann werde ich doch den rostigen Amboss als erste Wahl anschauen fahren.
Alex, bitte hab Verständnis, dass ich deshalb den Standort hier nicht verraten möchte, sorry.

Nochmals Danke an alle!
Bernd 
5. Juni 2013 um 09:19
Hallo Bernd,

ich würde mich meinen Vorrednern anschließen. Nimm den ersten rostigen wenn du kannst.
Der zweite macht auf mich einen schlechten Eindruck.


Allerdings kenn ich mich im Internet aus und gucke öfters die gängigen Seiten durch.
Der zweite Amboss steht in Leverkusen und ich hab ihn direkt erkannt

Für mich selber wäre er nix, aber wenn du dich mit dem Verkäufer in Verbindung setzt, dann kann ich mir den Amboss ja mal in deinem Auftrag angucken (komme aus Leverkusen).

Ich würde nicht allzu viel erwarten, aber angucken kann ich ja mal machen.
Nachem ich nun schon verschiedenste Ambosse benutzt/gekauft/gesehn habe, sehe ich mich in der Lage den Amboss für dich einschätzen zu können.

Gruß
Willi
www.schmiedekunst-weyer.de
5. Juni 2013 um 09:23
Das ist ein sehr sehr nettes Angebot. Und ja, der steht in Leverkusen.
Da ich mich aufgrund der vielen tollen Tipps hier aber bereits für den ersten Amboss entschieden habe, werde ich mir den erst mal anschauen und - sofern der einigermaßen federt - diesen Kaufen.

Dennoch vielen Dank für das Angebot!!!

Apropos federn (ich hoffe, das nennt man so.) Wenn ich die Probe mit einer Kugellagerkugel mche und die aus, sagen wir, einem Meter Höhe auf die Bahn fallen lasse. Wie hoch sollte die denn zurückspringen? Klar, 99cm wären wahrscheinlich ideal, aber bleiben wir realistisch, zumal ich ja kein Profi bin. 50cm? 75cm?
5. Juni 2013 um 10:19
hallo bernd,
zu den materialspezifischen aspekten möchte ich mich hier nicht auch noch äussern-
da sind hier so viele kluge köpfe unterwegs...
für dich als beginner vielleicht noch nicht nachvollziehbar -
aber es ist so : dein emotionales vehältnis zu deinem werkzeug -
wir alle haben unseren"lieblingshammer,schraubstock,zange etc.
mein 500,er ist mir ewig fremd geblieben - aber der 178,er mit
schlankem horn ist mein "zauberambos"
folge auch deinem gefühl-das ist mehr als ein klumpen stahl!!!
ein gruss von thomas
5. Juni 2013 um 10:23
Interessanter Aspekt. Bin zwar Anfänger, was Stahl betrifft, arbeite aber schon länger mit Holz und Leder und kann das mit den "Lieblingswerkzeugen" schon nachvollziehen. Bei Ambossen fehlt mir natürlich noch jeglicher Bezug oder Vergleich. Insofern muss ich mich hier erst mal auf faktische Vor- und Nachteile verlassen. Was das Bauchgefühl angeht, gefällt mir der rostige Amboss durchaus gut, er hat Charakter. Jedoch hätte es ja sein können, dass ich da (mangels Ahnung) auf Schrott hereinfalle, deshalb bin ich sehr froh, hier so viel Hilfe und Tipps in so kurzer Zeit angeboten zu bekommen. DANKE!!!

Viele Grüße 
Bernd