Seitenwindesse und Blasebalg bauen

13. April 2013 um 20:45
Moin

Es gilt im nächsten Monat eine Seitenwindesse mit Blasebalg für den Betrieb auf Mittelaltermärken zu bauen. Es wird keinen Wert auf Authentizität gelegt, sie soll lediglich glaubwürdig sein. Deshalb auch keine Feldesse mit Kurbelantrieb oder Ähnliches.
Da die Esse auch außerhalb der Märkte genutzt werden soll, muss sie gegebenenfalls auch mal größere Werkstücke erwärmen können, daher sollte die "Feuerschüssel" im Marktbetrieb durch Steine begrenzt sein die wenn nötig entfernt werden können.
Sie soll außerdem sowohl mit Schmiede- als auch mit Holzkohle betrieben werden können, das stellt aber wohl das geringste Problem dar.

1. Der Essenkörper

Angedacht ist ein Aufbau ähnlich der Survival-Esse in den Maßen 500mm x 500mm x ?. Also die Kiste mit Ziegelsteinen Auslegen und dann eine Schicht Lehm/Stroh-Gemisch drüber.

1.1 Ist das mit den Ziegelsteinen eine gute Idee oder ist es besser statt dessen Ytong (Isoliert besser und macht die Sache leichter) zu verwenden oder die ganze Kiste mit Lehm/Stroh Gemisch zu füllen?
1.2 Welches Mischungsverhältnis bei dem Lehm/Stroh-Gemisch? Pferdemist ist leider keiner zur Hand.
1.3 Sind die Ziegelsteine geeignet als Feuerschüssel-Begrenzung?

2.  Der Blasebalg

Es soll ein Doppelkammerblasebalg werden, als Leder werden, wie hier öfter empfohlen, Schweißerschürzen aus der Bucht dienen.

2.1 Wie groß muss so ein Blasebalg sein?
2.2 Ist eine Rückschlagklappe an der Düse erforderlich?
2.2 Wie Groß müssen die Luftklappen sein?
2.3 Kann ich die Luftklappen aus dem selben dünnen Leder machen und dieses auf Holzbrettchen kleben, um Gewicht zu verleihen?
2.4 Innen Querverlaufende Schnüre, damit sich der Balg besser zusammenfaltet?
2.5 Wie gehe ich beim Bau vor? Ich stelle mir das so vor: 
2.5.1 Bretter sägen und Leder schneiden
2.5.2 Leder ankleben
2.5.3 Kleine Löcher Bohren und vernähen
2.5.4 Holz und Leder Ölen (Leinöl?) 

Soweit mal meine Gedanken dazu.
Für Anregungen, Bilder und Anleitungen bin ich sehr dankbar.

Schönen Gruß Bene


Nachtrag zum Thema Holzkohle:

Wo bekomt man anständige Holzhohle her? in Der Grillkohle sind ja Teilweise noch richtig dicke Äste drin... 
Zuletzt bearbeitet: 13. April 2013 um 21:09, Benedikt P.
13. April 2013 um 22:06
Ich hatte mal im Messerforum Bilder einer Esse reingestellt die ich hier in Luxemburg fotographiert hatte. Die beiden Schmiede waren Deutsche. Es wurde auf Burg Hollenfels geschmiedet. Das ist die beste Esse die ich bisher gesehen habe.

 http://www.messerforum.net/showthread.php?76322-Alte-Esse-nachbauen&highlight=mittelalter+esse

Post 6

Du solltest dir für die Feuerschüssel kalkfreien Lehm suchen (Sprudelt ein aufgebrachter tropfen Salzsäure ist Kalk drinn) , ihn mit soviel feinem Quarzsand abmagern dass es sich wie feuchte Erde anfühlt. Die Feuerschüssel sollte nicht zu gross sein. 30mal 25cm reichen völlig, sonst wirds schnell teuer in sachen Kohlen. Ob du Rückschlagklappen brauchst liegt an der Konfiguration der Bälge. 

Ziegel würde ich weg lassen, das wird sehr schnell schwer.

Gruß Rom.
 
13. April 2013 um 22:19
Hallo Schneewolf.
Da hast Du dir ja einiges vor genommen. Ich habe 3 Monate gebraucht um meine Mittelalterschmiede zu bauen.


Größe ca. 1800-2000/800mm.

2 klappen ca. 200/200mm. mit den Riemen von den Lederschürzehn, Dachlatten gehobelt und ein Leder mit Fell drunter.

So in etwa.

Der fertige Balg. Mit Gestell aus 80ziger Fichtenholz geflemmt und Bohnenstange mit Kuhhorn als Schwengel!

Nun mit Esse aus der Bucht. Gestell aus Winkeleisen und Blechen vom schrott alles genietet!


Gruß der pit03.
P.S. Auf meiner H.P. gibt es noch mehr Fotos von der Mittelalterschmiede in Achtion.
Meine H.P.
13. April 2013 um 22:35
Danke für eure Hilfe

@Rom
Warum kalkfreier Lehm? Salzsäure habe ich leider nicht zur Hand, kann ich den auch rein optisch unterscheiden?
Ob du Rückschlagklappen brauchst liegt an der Konfiguration der Bälge

 Könntest du das evtl ein wenig erklären? Ich verstehe nicht was du meinst.
Du hast auch mal von einer Anleitung geschrieben, die du hast. Auf meine PN hast du leider nicht geantwortet.

@pit

Der Balg ist wirklich riesig, an solche Ausmaße hatte ich eigentlich nicht gedacht. Das würde glaube ich beim Bau schon richtig ins Geld gehen. Ist ein Balg in der Göße wie in Rom gezeigt hat(BILD) denn nicht ausreichend?
13. April 2013 um 23:12
Hi Schneewolf.

Da die Esse auch außerhalb der Märkte genutzt werden soll, muss sie gegebenenfalls auch mal größere Werkstücke erwärmen können,

Zitat aus Deinem post. Ich kann mit meinem Balg und Esse ein 50/50/20mm. Eisenstück gut und schnell zur weißglut bringen. Die Esse vom Romain´s Fotos sind nicht so efecktiv. Was die bringen kann ich nicht beurteilen.

Der pit03.

13. April 2013 um 23:41
Moin Bene,
eine ketzerische Frage vorweg:
Warum nur ambientig, wenn du es mit dem gleichen Aufwand auch historisch korrekt machen kannst?
Ich frage deshalb, weil Doppelkammerblasebälge für das gesamte Mittelalter nicht nachgewiesen sind...
Hier mal Bilder vom Bau meiner Blasebälge:
Klick
solche Bälge lassen sich auch mit einer Wippenkonstruktion betreiben, hier ein Bild aus der Renaissance, auf dem man das Prinzip gut erkennt (mittelalterliche Belege gibts aber einige):
Konrad Seusenhofer

Das ein Doppelkammerblasebalg nicht unbedingt ein Rückschlagventil haben muss, erkennst du an dieser historischen Zeichung:
Google ist dein Freund
Egal ob Doppelkammerblasebalg oder 2 separate Bälge, die Innenrahmen solltest du auf alle Fälle  bauen, die machen eine gewaltige Leistungssteigerung aus.

Bezüglich der Esse selbst hat Romain das Wesentliche gesagt. Mein Tipp: Nimm gemagerten Lehm mit Stroh-/Heuhäcksel oder abgelagerten Pferdeäpfeln und verzichte auf jeglichen Kram wie Ziegel oder gar Ytong. Mach den Feuerraum nicht zu groß, halte deine Hitze gut zusammen.
In sowas heizen wir Luppe aus, Schweißhitze ist kein Problem.

Gruß,
Timm
Zuletzt bearbeitet: 13. April 2013 um 23:45, Timm Esemann
14. April 2013 um 10:11
Bene,

Ich hatte dir noch nicht geantwortet, weil ich den Bericht den ich irgendwann mal in irgendeinem Forum gepostet hatte noch nicht wieder gefunden habe. Tut mir leid.

Ich habe die Erfahrung gemacht dass Kalkreicher Lehm, schnell um die Düse herum ,also bei grösserer Hitze schneller abtropft. Hol dir beim Baumarkt für 1,5 Euro Salzsäure und gib 2-3 Tropfen auf den Lehm, das kannst du dir leisten.
Du kannst dan Lehm nicht an seinem äusseren auf seinen Kalkgehalt prüfen.

Wenn du wie auf Timm`s Bildern einen Historisch korrekten Düsenstein aus Speckstein nutzt, spielt es wohl keine Rolle welchen Lehm du nutzt, da sie maximale Hitze an einer Seitenwindesse nahe um die Düse ensteht.

Du kannst deine Esse so gross machen wie du willst, schlussendlich bezahlst du die Kohlen, und musst erstmal für genügend Wind sorgen um eine so grosse Menge Kohlen in eine Glut zu verwandeln. Du wirst merken dass Pit`s Doppelkammerbalg dann schon nicht mehr zu gross ist. Übrigends hat diese Konstruktion (Konfiguration) den Vorteil eines kontinuirlichen Luftstromes. Er saugt die Flamme nicht hinein (siehe Bild von Timm) , ebensowenig die Anordnung (Konfiguration) der Bälge auf den Bildern die ich eingestellt habe, da immer ein Balg bläst, während der andere gerade Luft holt. 
Einzelne Spitzbälge wie Timm sie gebaut hat haben den Vorteil dass sie einen wesentlich höheren Druck aufbauen können als diese doppelwirkenden wie Pit einen hat. Paarig angebracht ergeben sie dann ausserdem einen kontinuierlichen Luftstrom. Konstruktiv perfekt gelöst an der Esse der beiden deutschen Schmiede, auf meinen Bildern. Werden beide einzelne Bälge von Hand bewegt gehört wiederum etwas Übung, oder doch Rückschlagklappen in den Luftauslass. Reckschlagklappe_vun_den_Blosbaelleg_001.jpg
14. April 2013 um 10:13
Reckschlagklappe_vun_den_Blosbaelleg_003.jpg
14. April 2013 um 10:13
Ich hatte es mal bei meinen Bälge so gelöst.

Gruß Rom. 
14. April 2013 um 20:19
Warum nur ambientig, wenn du es mit dem gleichen Aufwand auch historisch korrekt machen kannst? Ich frage deshalb, weil Doppelkammerblasebälge für das gesamte Mittelalter nicht nachgewiesen sind...


Das Doppelkammerblasebälge nicht belelegt sind, ist mir bewusst. Genausowenig wie mein 42kg Amboss und die Esse auf Stelzen. Bei 2 getrennten Bälgen muss ich entweder immer hin und her rennen oder so eine Wippenkonstruktion bauen. Der Doppelkammerbalg ist, denke ich, auch beim Auf- und Abbau einfacher und schneller, außerdem ist weniger Material zu transportieren.

Das ein Doppelkammerblasebalg nicht unbedingt ein Rückschlagventil haben muss, erkennst du an dieser historischen Zeichung: Google ist dein Freund

 Eben wegen dieser Zeichnung (die ich ja auch in meinem 1. Post verlinkt habe) habe ich ja nachgefragt . Warum eine Rückschlagklappe bei einem Doppelkammerbalg unnötig ist hat Rom ja schön erklärt, mir war das nicht klar, obwohl es natürlich logisch ist. Danke dafür.

Die Innenrahmen sind bei großen Bälgen sicherlich erforderlich, bei den kleineren wie sie Rom gezeigt hat denke ich eher nicht. 

Da ich denke, dass ich erstmal anfangen sollte kleine Kuchen zu backen, soll es jetzt erstmal eine Feuerschüssel von ca 25x20 cm werden. Ich war vorhin auch schon Lehm holen, leider ohne Salzsäure, daher lasse ich es erstmal auf einen Versuch ankommen, sofern ich keinen Speckstein besorgen kann. Pferdemist hab ich auch gefunden, kommt also auch in die Mischung rein.

@Rom

Wie groß sind denn die von dir gezeigten Bälge ungefähr? kannst du das abschätzen?
Kommen die Maße wie HIER gezeigt ungefähr hin? 
14. April 2013 um 23:11
Hallo Bene,
den Link zum gleichen Doppelkammerblasebalg hatte ich überlesen.
Bezüglich der Rahmen möchte ich deutlich widersprechen, gerade bei den kleinen Bälgen mit ihrem geringen Volumen kann man es sich kaum Leisten, eben dieses durch die Seitenaussackung zu verschenken, das macht locker mal 5cm oder auch mehr im Hub aus. Wenn du nun mal mehr Druck fahren willst, kommen deine Bälge fix an ihr Limit.
Das Argument mit dem einfacheren Transport lasse ich übrigens nicht gelten, denn der Hebelgalgen  eines Doppelkammerblasebalges ist sicherliche mindestens so aufwändig und voluminös wie die historisch belegte Wippe. 
Wenn ein DKB einen Vorteil hat, dann den des kontinuierlichen Luftstromes.
Was mich etwas stört, ist dass es so wirkt, als hättest du eine sehr feste Vorstellung im Kopf, an der nicht gerüttelt werden soll. Gleichzeitig fragst du aber, wie es gut funktioniert. Das geht schlecht zusammen.
Letztlich musst aber natürlich du selbst entscheiden was du willst.
Gruß,
Timm
15. April 2013 um 00:56
Sicher habe ich eine feste Vorstellung von dem was ich machen will, ich plane das ja schon etwas länger. 
Aber funktioniert ein DKB (Super Abkürzung, das wort nevt mich schon langsam...) denn nicht gut? 

Zu den Rahmen: Ich habe irgendwo von einem Bau gelesen, bei dem diese durch innen quer verlaufende Schnüre ersetzt wurden. Leider finde ich die Quelle nicht mehr. Hat jemand damit Erfahrung gemacht oder möchte seine Gedanken dazu äußern? Ich stelle mir das einfacher vor, als die Rahmen einzubauen.

Um nochmal auf die Balggröße zu kommen: wie viel Volumen sollten die beiden Kammern denn haben, um halbwegs entspannt damit arbeiten zu können? Ich denke ich rechne morgen in der Schule mal ein bisschen...

Gruß Bene 
15. April 2013 um 10:24
Moin,
ich denke mal, es hat schonen einen Grund, warum der DKB die doppelten Spitzbälge abgelöst hat, es ist die technisch reifere Lösung, besonders in Hinsicht auf den konstanten Luftstrom. Aber in dieser Hinsicht kann ich einfach schlecht aus meiner Living History-Haut, bin da ein Freund von "ganz oder gar nicht".
Der Bau und Einbau der Rahmen ist ziemlich simpel und lohnt den Aufwand allemal (davon, dass es belegt ist mal ganz abgesehen  ) Wenn du die Rahmen von aussen noch durch einen Lederstreifn nagelst, wird das ganze auch schön dicht. Bei Schnüren wäre mir der Gefahr des Luftverlustes durch Löcher zu groß und der Effekt zu gering.
Guck dir die Dinger mal an, die ich in meine Bälge gebaut habe. Das ist einfache Fichtenleiste aus dem Baumarkt, geleimt und genagelt. Rahmen in situ
Eine weitere Möglichkeit wären noch Eisenbügel, die du mit einem weiteren Lederstreifen von innen auf den Lederbalg aufklebst, so dass das Eisen quasi in einer Art Tunnel liegt. Mir wäre allerdings auch das bezüglicher der Verklebung sowie etwaigem Scheuern der Bügel zu unsicher.

Gruß,
Timm
Zuletzt bearbeitet: 15. April 2013 um 10:26, Timm Esemann
15. April 2013 um 12:38
Hängen die Rahmen nur am leder oder sind die vorne auch irgendwie mit nem SCharnier befestigt oder so?
Wie groß sind eigentlich deine Bälge? 
15. April 2013 um 13:30
Die hängen nur am Leder. Maße müsste ich noch mal nehmen, hab die nicht im Kopf.