Eisenschatz

9. Oktober 2012 um 22:55
Moin,
ich möchte euch meinen neuesten Schatz zeigen!
In unserem Ort wird die Kirche saniert und unter anderem wurde die original Maueranker durch Nachbauten ersetzt.
Nach einigem Recherchieren und vielen Gesprächen mit dem Bauunternehmen nebst dem beauftragten Metallbauer, dem Amt für Kunst- und Baudenkmäler sowie dem Kirchenvorstand darf ich nun 14 Maueranker aus der Zeit um 1693 mein eigen nennen! Sie haben eine teilweise sehr gute Substanz und in Teilen kräftige Durchmesser.
Hier ein paar Bilder:
Ankerklein.jpg

ankerdetail2klein.jpg

Ankerdetail1klein.jpg

 Gruß,
Timm
10. Oktober 2012 um 00:07
GRATULIERE!!
10. Oktober 2012 um 06:42
Glückspilz
Gruß Rom.
10. Oktober 2012 um 12:59
Boah! *neid*



Micha
10. Oktober 2012 um 13:11
Hallo Timm,
da scheint sich dein Einsatz gelohnt zu haben, Glückwunsch!
Hast du schon nen konkreten Verwendungszweck im Hinterkopf oder werden die Teile erstmal eingelagert?

Grüße
AN.BAR 
"We don't stop playing because we grow old; we grow old because we stop playing" (George Bernard Shaw)
10. Oktober 2012 um 14:14
Moin,
ein konkretes Projekt habe ich dafür noch nicht, ich verwende solch Material jedoch gerne für Nachbauten historischer Gegenstände. Zur Zeit sind  Trittbügel, Abzugstange und Spannhaken für eine Armbrust sowie Haken und spezielle Krampen für eine Reittartsche in Planung.
Auch in Messern und Dolchen kann das Material  schön für Kerne und Rücken genutzt werde, am besten natürlich in Kombination mit härtbaren Raffinierstählen (ggf. speziell aufgekohltes Material).
Der Kern dieses Dolches ist z.B. aus Material aus dem 16.Jh, umlaufen aufgesohlt mit einem historischen Gärbstahl:
Parierklein.jpg
Gruß,
Timm
10. Oktober 2012 um 14:29
Einer solch edlen/schicken Verwendung zugeführt zu werden ist sicherlich nicht der schlimmste Tod für einen Maueranker 
Ich bin beeindruckt!

Grüße
AN.BAR 
"We don't stop playing because we grow old; we grow old because we stop playing" (George Bernard Shaw)
10. Oktober 2012 um 20:07
Hi Timm

Guter Fang 
Bin ja auf die ersten Objekte gespannt. Mich wuerde die "Zeichnung" interessieren, hab bisher nur Wagenreifen verarbeitet, aber die duerften weit weniger alt sein. Hab zwar Maueranker daheim, kann aber das Alter nicht einschaetzen.
Angeaetzt aber auf jeden Fall interessant, sehr grobes Muster.

 Gruss Flo


Zuletzt bearbeitet: 10. Oktober 2012 um 20:12, Florian Mayr
10. Oktober 2012 um 20:28
Moin Flo,
ja klar, ich habe solches Material schon des öfteren verarbeitet (siehe Dolch weiter oben).
Die Struktur des Materials ist (je nach Reinheit) dezent und kann durch eine leichte (!) Ätzung hervor gehoben werden.
Hier sind noch eine Bilder weitere Stücke aus historischem Raffinierstahl:

Werdegang einer Bauernwehr (ich habe das Original für einen Freund aufgearbeitet, konserviert und nachgeschmiedet)
Wehr

Die Dolche wurden bis auf den ersten alles aus hist. Raffinierstahl  gemacht, zum Teil mit aufgesohlten Schneiden, teils aufgekohlt.
Dolche

Hier noch
Lanzen und Messer

An das Schmieden mit hist. Stählen muss man sich etwas gewöhnen und es verlangt ein gewisses Feingefühl, macht aber wirklich Spass. Primär verwende ich ihn wegen der schönen Optik für Klingenwaffen, habe ihn aber auch schon für einfachere Gebrauchsgegenstände verwendet. Mein letztes Projekt war eine Walharpune nach Vorbildern des 18.Jh. aus Material von 1753, davon hab ich aber leider keine Fotos, werde mir die aber noch mal organisieren.

Gruß,
Timm
11. Oktober 2012 um 07:27
Ja, umschmieden alter Gegenstände ist wirklich interessant. 
Jedes Ausgangsobjekt ist anders.
Und so kann man dem eine neue Bestimmung zuführen.

Schaut auch im Damast (bei wenig Lagen) recht inteessant aus. Je nach Qualität ist hier dann aber oft eine Schneidlage sinnvoll.
11. Oktober 2012 um 16:20
Habe Maueranker (nicht so alte) immer als Haltestange an das Damastpaket geschweißt als ich noch mit Kohle gearbeitet habe,da nur wenig C und gegebenenfalls Mn,brauchen diese mehr Temperatur um zu verbrennen,seit ich mit Gas arbeiten,brauche ich das nicht mehr und Sterne sehe ich nur noch bei unbewölktem Nachthimmel.

Dürften wohl nicht ganz so alt sein,aber die langen Blitzarbeiterstangen (eventuell mit Platinspitzewie ich mal hörte) sind auch nicht schlecht als Schmiedeeisen.

Aber was sind nun deine,Puddel-,Raffinier-,Gerbstahl ? hast du schon eine Vermutung

Gruß Maik
Homepage
11. Oktober 2012 um 18:21
Puddelstahl kann es definitiv nicht sein, da dieser erst Ende des 19. Jdts. erfunden wurde,
und die Teile sind ja deutlich älter
Außerdem sind Gerb- und Raffinierstahl das gleiche: Gerbstahl
Sehr wahrscheinlich ist es ein Schweisseisen, welches durch Herdfrischen hergestellt wurde.
Eine andere Möglichkeit, schmiedbares Eisen herzustellen, gab es damals nicht.

Gruß,

DerSchlosser
Ein Hoch dem ehrbaren Schmiedehandwerk!
Zuletzt bearbeitet: 11. Oktober 2012 um 18:32, Martin Hartung / DerSchlosser
11. Oktober 2012 um 22:13
Moin,
die Anker sind mit Sicherheit aus der Originalsubstanz von 1653, die zwei vom Turm könnten allerdings auch von 1717 sein, da der Turm (der ist noch von der Originalkirche aus dem 13JH.) da eine neue Haube bekommen hat.
Daher kann ich mich Martin nur anschließen, es muß sich um Raffinierstahl handeln.
Die begriffliche Abgrenzung Von Raffinier- zu Gärbstahl ist etwas kontrovers. Ich würde dazwischen zumindest einen Unterschied dahingehend sehen, als dass Raffinierstahl in der Regel aus einer Luppe gemacht wird und das Raffinieren der Homogenisierung und Reinigung dienst. Gärbstahl hingegen wird in der Regel aus unterschiedlichen Stählen zusammengegärbt, wobei der Prozess eher dem Zusammenfügen zu größeren Stücken sowie dem Homogenisieren dient. 
Um abzugrenzen, ob es sich nun um Raffinier- oder um Gärbstahl handelt, müsste man die Anker vermutlich sehr eingehend metalurgisch untersuchen.
Interessant wäre in der Tat herauszufinden, ob es sich um  gefrischtes Eisen aus einem frühen Hochofen oder um Renneisen (Rennöfen gab es meines Wissens nach noch bis ins 19. Jh, fürs 18. Jh. ist es allerdings definitv belegt) handelt. Allerdings weiß ich nicht, wie man dafür den Nachweis antreten kann, da meines Wissens nach beide Rohprodukte aus den jeweiligen Ofentypen raffiniert werden müssen. Weiß da jemand was zu?

Gruß,
Timm
11. Oktober 2012 um 22:50
Hallo,
ich hab mich heute mit unserem Metallurgen unterhalten.
Der hat mir erzählt, dass er anhand der Zusammensetzung (Analyse)
und des Gefüges (Mikroskop) sehen kann, wie ein Stahl erzeugt wurde.
Schick mal n Schnippel rüber, dann testen wir den Burschen mal.

Gruß Heinz
11. Oktober 2012 um 22:55
Mit Vergnügen! ;)