Macken auf der Klinge nach härten

6. Januar 2017 um 12:09
IMG_20170106_114849-1.jpgIMG_20170106_114801-4.jpgHallo,

Hier die Fotos meines ersten Messers (nicht geschmiedet, nur aus Flachstahl ausgeschnitten, geschliffen und dann gehärtet).

Noch zur Erklärung bevor ihr mich prügelt. Ich hab nur eine 2 Zimmerwohnung mit einem kleinem Balkon auf dem ich alles machen musste. Da hab ich nur einen kleinen Bandschleifer und einen Winkelschleifer. Ich habe auch schnell gearbeitet weil ich mir dachte: "Erstmal nicht viele Tage investieren ins saubere schleifen und dann das härten versauen."

Gehärtet habe in einem Grill und das Ölbad war in einer Weber Grillschale mit einer Öltemperatur von ca. 40 °C. Der Stahl ist 1.2842 (90MnCrV8). Härtetemperatur war bei ca. 830-880°, war eher schon orange statt hellkirschrot. Angelassen 2x1h bei ca. 190°C. 
Griffe sind aus Buche (Flachmaterial aus dem Baumarkt das ich noch 2h bei 50°C im ofen getrocknet habe um zu sehen ob es noch reisst). Die Griffe sind mit Olivenöl eingeölt.
Die Klinge ist leicht ballig geschliffen mit einem Endwinkel von 2x20°.

Auf der Klinge sind diverse Artefakte die ich auch nach stundenlangen manuellem schleifen (320er Körnung Nasschleifpapier) nicht wegbekomme. Kann man da vorm härten etwas machen das das nicht auftritt bzw. was habe ich falsch gemacht?


Gruss,
Joerg


Zuletzt bearbeitet: 6. Januar 2017 um 12:16, Joerg Winges
6. Januar 2017 um 13:18
Hallo Joerg!

Ich finde das sieht für die erste Klinge wirklich anständig aus! Ich fertige hin und wieder auch im Stockremoval- Verfahren, eben Schleifen.
Proportionen klasse und sieht auch sauber gemacht aus. Vielleicht noch ein wenig weiter ausschleifen, bzw. dünner schleifen. Die Schneidfase sieht recht "stabil" aus.

Zum Problem:
Ich denke erstmal die Temperatur runterfahren. Ich härte 2842 mit 830grad Obergrenze! Mittlerweile im gesteuerten Ofen, aber Normalisieren und so weiter nach dem Schmieden immer noch per Auge. Meistens ist es dann draußen dunkel und ich schalte das Licht dafür aus. Im Dunkeln ist es einfach zig mal einfacher die Glühfarben zu erkennen!

Zweiter Tipp wäre vor dem Härten schon recht fin zu schleifen. Bis 240-320, meinetwegen 400. Das verhindert nach meiner Erfahrungen viele unschönheiten nach dem Härten und lässt sich später auch wieder gut fein schleifen.

Viel Spaß bei den Weiteren!

Gruß
6. Januar 2017 um 13:35
Danke für die Antwort,
Ich hatte vor dem härten auf 1000er Körnung geschliffen. Bandschleifer 320 und danach mit Hand, nass bis 1000 (400-->600-->1000 mit jeweils um 90° gedrehter Richtung).

Die hohe Härtetemperatur kam von meiner Unerfahrenheit und dem Wunsch 5 Minuten auf Härtetemperatur zu bleiben (820°C stand in der Stahldokumentation). Hart ist es jedenfalls geworden.  

Nach dem härten eben nochmal der Versuch 320 ... 1000 aber wie gesagt die Macken auf der Klinge gingen nicht weg. 
 
Gruss,
Joerg
Zuletzt bearbeitet: 6. Januar 2017 um 13:36, Joerg Winges
6. Januar 2017 um 14:20
5 Minuten Haltezeit ist schon enorm denke ich. Ne knappe Minute im Feuer halten ist mehr als genug. ich mach ca. eine Minute pro mm Dicke, kommt aber daher, dass ich im Ofen härte der ja sehr langsam -im Vergleich- auf Härtetemperatur kommt.

1000 vorschleifen ist glaube ich vertane Arbeit. Naja, ich kann nur meine eigene Erfahrung wiedergeben: Ich gehe meistens auf 320-400 vorher und schleife nach dem Härten allerhöchstens bis 800 und ziehe dann noch 15-20 mal mit 400 drüber. Gibt ein schönes Satinfinish. Man kann natürlich bis 1000 gehen wenn man mag, aber höher als 400 vor dem Härten, da gewinnt man in meinen Augen nichts. Muss man nachher eh nochmal dran.

Das einzige was mir jetzt noch einfiel: nochmal an den Schleifer und gaaanz vorsichtig und vielleicht nem Spritzer Wasser auf dem Band mit 320 vorarbeiten.
6. Januar 2017 um 14:26
Hallo Joerg 

Wenn  ich mit deinen Möglichkeiten arbeiten müsste würde ich so anfangen.
1.Das Rohmaterial mit der Feile prüfen ob es Weichgeglüht ist wenn nicht Holzkohle in den Grill anfeuern das Flacheisen reinlegen mit Kohle abdecken und ausglühen lassen

2.Die Klinge in Form bringen und fast bis zum Finish schleifen ,bis 400K.  Besorg dir aus den Kunstshop Töpferton und ein Glas am Besten eines von Spargeln sind schön lang,dann nimmst du dir den Ton und schabst dünne Streifen ab und wirfst die in das Glas bis es zu einem Viertel voll ist .Befüllst es dann etwas mehr als die Hälfte mit Wasser ,Deckel drauf und schütteln bis sich der Ton im Wasser gelöst hat dann mit Wasser auffüllen und wieder schütteln. 
Die fertig geschliffene Klinge entfetten mit einen Heizluftfön erhitzen so auf 50Grad diese in die Tonflüssigkeit eintauchen rausziehen und mit den Fön trocknen dann noch einmal das gleiche jetzt sollte eine geschlossene dünne Lehmschicht auf der Klinge sein muss du probieren bis es Klappt.So schützt du deine Klinge beim Härten.Bearbeite deine Klinge immer im weichen Zustand das spart Zeit und Schleifleinen.

3. Das Härten  
Dies ist immer der sensibelste Teil  also ich empfehle dir ein Stab mit einem Magneten wenn der Magnet nicht mehr greift hast du ca. 750 Grad jetzt etwas mehr und dann in heisseres Öl-  erhitze es in einem Alten Topf auf dem Herd so 80Grad zum härten .Das Anlassen passt so.Danach die Klinge Waschen und entfetten. 

4. Finish

Jetzt fängst du mit 240 und arbeitest dich bis 800-1000 weiter und mach nicht den Fehler den allen Anfänger machen ,mich eingeschlossen,schnell fertig zu werden lass dir Zeit und schleife sauber Schritt für Schritt durch die Körnungen .Für die finale Politur ein Stück Leder 30-40mm Breit und 200-250mm lang auf ein Stück Holz geklebt und mit einfacher Metallpolitur   drauf die Klinge polieren.


Dies sind meine Erfahrung also das ist keine Bibel aber so funktioniert es bei mir .

Viel Erfolg und Ruhe bewahren.
Didi
 
6. Januar 2017 um 14:46
Hallo Jörg,
ist ja interessant, wie Du so arbeitest. Die Macken auf der Klinge sind auf den Bildern leider nicht gut zu sehen. Bei mir gabs das auch schon, sah aus wie Punkte oder Blasen. Nach langem schleifen bekam ich sie aber weg. Kann nicht genau sagen, woran es lag, aber seitdem ich mein Öl anwärme und etwas mehr Hitze gebe (fast hellrot) ist es nicht mehr passiert.
VM
6. Januar 2017 um 16:28
Hm, solche komischen Kringel oder Kreise auf der Klinge hatte ich auch letztens nach dem Härten meines Dolches, dann habe ich tatsächlich wieder mit 180er Papier angefangen zu schleifen. Die Kringel gingen weg, ich musste allerdings so viel abschleifen dass die Klingenform sich etwas ins unschöne verändert hat.
Vor dem Härten hatte ich bis 600 geschliffen, das war wohl für die Katz...
der grund dieser kringel würde mich auch interessieren. Was ich mir vorstellen könnte: im Abschreckmittel entstehen auf dem Werkstück gasblasen, wodurch die Abkühlung ungleichmäßig ist. Gefügeänderungen im Stahl ziehen ja auch Volumenänderungen nach sich, darum könnten eventuell Unregelmäßigkeiten entstehen. Nur so eine Idee.
Der Lehmmantel ist glaube ich ein guter trick, ich werde es definitiv mal damit ausprobieren. Ich könnte mir vorstellen, dass er wie Siedeperlen im Chemieunterricht wirkt, und die Bläschen gleichmäßig entstehen.
Übrigens sieht das für dein erstes Messer echt erstaunlich gut aus! Und besonders dafür, dass du keine richtige Werkstatt hast!
Schöne Proportionen, sauber verarbeitet! Die kleinen "Bubbeln" stören garnicht so, dann hat es eben einen etwas rustikalen Charakter. das passt find ich gut zum schlichten Griff und der einfachen Klinge.
Was aber tatsächlich stimmt: die Schneideigenschaften verbessern sich deutlich wenn man die Schneide feiner ausschleift.
Cool, dass du es dir von den wenigen Möglichkeiten nicht verdrießen lässt, vielleicht hast du ja eines Tages eine eigene Schmiede!
VG, Edgar 
6. Januar 2017 um 19:00
Weichgeglüht war der Stahl. Ließ sich super bearbeiten vor dem Härten. Danach hatte ich mit 320er Papier fast keinen Abtrag mehr. 

Zu den Artefakten und blasen. Vielleicht habe ich wirklich in der Panik des ersten Härtevorgangs vergessen die Klinge im Öl zu bewegen...

Das mit der tonschicht klingt interessant. Könnte ich mal so machen. Wobei ich etwas Angst habe das das die Abkühlung der klinge im Öl verlangsamt?

Oder ich lasse den Ton an der schneide weg. Ähnlich wie beim partiellen Härten?

Der stahl ist so hart geworden das ich mir einen Wolf geschliffen habe um die Stärke hinzubekommen.

Aber ich muss gestehen ihr verwirrt mich. Ich habe die klinge mit 20 grad angeschliffen,  wie bei Outdoormessern üblich. Die noch flacher ist ja dann eher Küchenmesser Winkel.?  Oder meint ihr grundsätzlich den die billige Klingenform?

Gruss,
Joerg 
6. Januar 2017 um 19:34
Die Fase ist schon so in ordnung, 20° mach ich auch immer, aber wir meinen die Dicke der Schneide vor dem Winkel draufziehen.
Also bevor du z.B. mit dem Lansky die Fase schleifst, nicht einen mm stehen lassen, sondern nur 0,5. 
Zum Vergleich: hast du schonmal mit nem Mora einen Apfel geschnitten? Der erste cm geht noch gut, dann wird der Apfel gespalten. Wäre die klinge dünner, wäre das nicht so.
Ist aber nur eine klitzekleine Nörgelei und hat nix mit Macken in der Klinge zu tun.
6. Januar 2017 um 19:51
Ok,  ich verstehe. Der ballige Schliff. Sollte eigentlich auch ein flachschiff werden. 

Ich hatte sogar weniger als 0,5mm stehen lassen. Hab trotzdem geschliffen wie ein Tier  

Danke für die vielen Anmerkungen und Tips. Sehr nettes Forum hier.

Gruss, 
Joerg  
6. Januar 2017 um 20:59
Sehr nettes Forum hier.

Jop, das finde ich auch Man sieht ja so einiges schreckliches in manchen Foren, aber dieses hier ist super!

 
Ich hatte sogar weniger als 0,5mm
Das ist doch schonmal gut. Schneiden wird es sicher.
Sollte eigentlich auch ein flachschiff werden.

O ja, das kenne ich irgendwoher...  Ich muss unbedingt mal einen Thread "wie alles begann" schreiben, ein paar Fotos zeigen die eigentlich niemand sehen sollte... da bist du dann echt froh, auf welchem level du begonnen hast... meine ersten "Messer" waren aus kalt geschmiedeten Nägeln, ausgefranst, stumpf, krumm...
VG, Edgar
20. Januar 2017 um 08:34
So ich hab Messer nummer 2 fertig gemacht.

Dabei habe ich mich beim härten an Didis Tip mit dem Tonmantel gehalten.

Vermutlich hatte ich nicht gut genug entfettet, die Tonlösung wollte einfach nicht gut halten. Das habe ich dann so gelöst das ich den Küchenöfen auf 75°C eingestellt habe und dann mit einem Marinadenpinsel dünn die Tonlösung auf die Klinge aufgetragen habe. 
Trocknen lassen --> neue Schicht --> nach 3 Schichten andere Seite und das gleiche. Danach habe ich den Ton bei der Schneide wieder abgekratzt. Den Griff hatte ich btw. nur halb eingepinselt um dort beim härten die Stahltemperatur ablesen zu können.

Beim eintauchen ins Ölbad ist der Ton abgesprungen, aber die Klinge hat kaum noch Macken, nur im Bereich der Schneide da wo ich den Ton abgekratzt habe.

Diesmal habe ich 100cr6 verwendet. Bei ca. 840°C im Grill gehärtet und bei ca. 170°C 2x1h angelassen. Hart ist es wiedermal geworden.

Griff Ebenholz, Scheide 2mm Kydex. Kydexverarbeitung war auch Premiere.


IMG_20170119_161041.jpg
 
Gruss,
Joerg

PS: Falls ich noch ein Messer mache poste ich natürlich im Hobby Messerprojekte Forum.  
20. Januar 2017 um 15:15
Ist doch wieder ein schickes Outdoormesser geworden, bei mir wollte der Lehm auch nicht halten, aber dann habe ich mit dem Werkstattföhn vorgewärmt ( genau mit dem, das auch zum Esse anzünden und Epoxy im Winter auftauen genutzt wird)
Und dann ging es. Keine Macken. Ist ein sehr guter Tipp gewesen!
VG, Edgar 
22. Januar 2017 um 10:37
Hi Joerg,

ich schließe mich auch der Gesamtmeinung an. Für die ersten Messer sind das Top Ergebnisse! Bezüglich dem Entfetten rate ich dir eine Flasche Bremsenreiniger zu gönnen. Gibts in jedem Baumarkt und kost auch nicht die Welt, ist aber Gold wert wenn eine Anleitungen den begriff "Entfetten" beinhaltet ;)

Meiner Meinung nach ist bis 1000 Körnung zu schleifen vor dem Härten viel zu viel. Aber das würde ich hier auch fast lieber als Frage stehen lassen denn als Aussage. Bei meinem letzten Messern habe ich zwecks mangelder Bänder nur bis 40 geschliffen. Das allerdings führt dazu, dass über den Zeitaufwand gerechnet, ich mit den beiden Messer wahrscheinlich mal mein Haus kaufen kann ... Keine gute Idee Auf der Kehrseite waren die Blasen dafür kein Problem. Mit 240er Papier sind die recht flott verschwunden. Mit 1000 glaub ich gerne, dass man da bescheuert bei wird.

Beste Grüße,

Lenni
23. Januar 2017 um 10:51
Beim neuesten Messer (nicht das vom letzten Bild) habe ich die Klinge vor dem in Ton tauchen mit Aceton entfettet. Die Klinge war nur noch auf 400er Korn geschliffen. Das auftragen des Tons war immer noch nicht einfach, aber zumindest ist der Ton beim härten nicht abgesprungen.

Diesmal war der Tonmantel komplett aber der Stahl ist nicht so hart geworden. Ich habe dann noch ein 2. mal härten müssen und diesmal ohne Tonmantel. Ist immer noch nicht so hart aber dafür ist er jetzt Schnitthaltiger, und macken auf der Klinge gabs lustigerweise auch keine. Vom Gefühl beim schleifen mit meinem Spyderco sharpmaker würde ich auf nur 56-58 HRC tippen. Mal sehen wie lange die schärfe sich hält.

100cr6 ist auf jedenfall schwerer hart zu bekommen als 1.2848.
Vielleicht baue ich mir mal aus einem Lötbrenner und Perlit/Natronwasserglas/Aluminiumoxid und einer 1,8L Vorratsdose eine kleine Minigasesse. Dazu noch ein Temperaturmessgerät mit K-Sensor. Gibt da interessante Videos zum Selbstbau aif youtube.


Gruss,
Joerg

PS: Mein neues Messer ist noch hübscher geworden als das letzte hier. Diesmal mit Wüsteneisenholzgriff. Das verd... Holz ist so hart das hat mir einen Holzbohrer zerlegt
Zuletzt bearbeitet: 23. Januar 2017 um 10:58, Joerg Winges