Wärmebehandlungs Techniken und Erfahrungen

7. September 2016 um 15:30
Wie härtet ihr und wie lasst ihr an? Welches Öl verwendet ihr und welche Erfahrungen habt ihr damit gemacht. Steckt ihr das auf Temperatur gebrachte Stück Stahl schnell und Gerade in das Härtemedium (Unterscheidet sich ja je nach stahl. Mir bisher bekannt nur Öl, Wasser und verschiedenste Luft härte Methoden) oder rührt ihr dann darin herum? Und Warum macht ihr das so? Vorteile nachteile Erfahrungen? Wie lasst ihr das Fertig gehärtete Stück an?

Diskussionen sind erlaubt aber längere Diskusionen bitte auslassen Ziel ist hauptsächlich Erfahrungsberichte zu sammeln.
Zuletzt bearbeitet: 7. September 2016 um 15:35, G. C.
10. September 2016 um 19:26
Na junge , längere berichte auslassen. Hm mm das was du angeschnitten hast kann ich mit einer mehrseitigen Reportage ausfüllen.
Vielleicht etwas untergliedern.
Temperaturfführung
Härtefarben
Abhärtung,  wie in was , Temperatur,  Lage
Anlassen.
War 40 jahre härterei Leiter und bin messermacher, schreib einfach was du wissen willst.
Gruss fritz 
10. September 2016 um 21:25
Danke für deine Antwort. Mir geht es eigentlich stark darum mit was ich am besten als Anfänger härte. Also welches Öl verwende ich am besten? Sind eher Öle für Motoren besser oder ist es besser Pflanzenöle zu verwenden? Macht es sinn eine Mischung aus Ölen zu machen? Wenn ja welche Öle und in welchem Verhältnis.

 

Auch wollte ich damit eigentlich erzielen Anfängern wie mir die Angst vorm Härten zu nehmen weil man damit ja doch seine harte Arbeit innerhalb von Sekunden zerstören kann.

Was würdest du Als Profi einem Laien empfehlen wie man sich am besten langsam heranarbeiten kann?
Die Temperatur erkennen hab ich ja schon gehört von dem Trick mit dem Magneten weil das Metall ja ab einer gewissen Hitze, welche ja die richtige Temperatur zum Härten ist, seinen Magnetismus verliert also der Magnet nicht mehr hält.

Auch geht es mir ums Anlassen. Die einen Sagen man braucht einen eigenen Ofen die anderen wiederum machen das mit Resthitze und sonstigem. Das mit den Farben habe ich dabei ja schon verstanden aber welche Farbe erziehlt dann welchen effekt? Wenn man eine Feder will ist es ja eine andere Farbe als wenn man ein Messer will. Alle reden immer von der Gewünschten Farbe, aber welche ist die richtige für welchen Zweck. Alles in allem fehlen mir (ich bin äusserst neugierig und sammel lieber wissen bevor ich dann komplett hilflos da stehe und nicht mal kapier was ich falsch gemacht hab). Auch wenn du da einen langen Bericht hast oder ein PDF oder so egal wie lang ich würds lesen alleine weil ichs wissen will.

Stahl ist so wandlungsfähig da würde ich gern irgendwann das möglichst beste aus dem raus holen können was ich habe und was ich bezwecken will.

 

Und ein Langer Post ist kein Problem ich wollte nur nicht das eine Diskussion um ein Thema entsteht wo es einfach nur verschiedene Ansichten gibt. Ich wollte nur einen Punkt der einem Anfänger hilft beim Härten zu finden welche Fehler man gemacht hat und es beim nächsten mal besser machen kann.

11. September 2016 um 07:17
Also, ich bin auch Anfänger, aber kann dir schon ein bisschen erzählen.
Ich härte in Rapsöl. Ich glaube nicht, dass das einen großen Unterschied macht, welches öl man nimmt, lasse mich aber gern belehren.
Wenn du reine Kohlenstoffstähle hast, also welche ohne andere Legierungsbestandteile, dann sollte man diese soweit ich das verstanden habe, in Wasser härten, da sie Umwandlungsfreudiger sind, und sonst nicht hart werden.
Ich verwende auch den Trick  mit dem Magneten.
Wenn es dann gehärtet ist, sollte  man die Härte testen, das heißt schauen ob die feile greift. 
Wenn sie nicht greift, irgendwo eine blanke Fläche machen und dann entweder bei 200 ( für ein Messer) grad in den backofen oder mit einem Gasbrenner eerwärmen oder auf ein glühendes Stück Metall legen oder in die Glut halten oder, oder, oder...( bei diesen methoden ist die Farbe Indikator für die temparatur!)
Richtig für ein Messer ist meiner Meinung nach die dunkel- Goldene Anlassfarbe.

Mit den Anlassfarben ist es eigentlich ganz einfach. je wärmer es wird, desto stärker wird die Oxidschicht. Darum verändern sich die farben. je wärmer es wird, desto weicher wird es, aber eben auch zäher. Und das ist der Effekt, den man haben will.
Es gibt ja diese Tabellen, da stehen alle anlassfarben drin, mit den temparaturen.
Wenn du ein blankes stück stahl mit einem Ende ins feuer steckst, siehst du auch irgendwo zwischem warmem und kaltem bereich alle Anlassfarben.
Ich lasse mich aber wie gesagt gerne belehren, ich mache auch oft Fehler!
Hoffe ich konnte trotzdem helfen.
 
11. September 2016 um 11:34
Edgar hat schon recht.
Ich will es mal ganz plakativ herunterbrechen auf das einfachste.
Kohlenstoff stahl,  härte Temperatur etwa 800 bis 850 grd.
Farbe sattes rot bis hellrot
Bisschen höher schadet nicht ,da Erwärmung sehr schnell geht,
Haltezeit 5 min wenn alles durchgewärmt ist
Abschrecken nur im Öl,  Wasser ist zu schroff gibt Verzug
Eintauchen senkrecht und langsam , rücken voran.
Bei handwarm entnehmen
Feilen probe
Säubern und dann bei 200grd in den Küchenofen ,  haltezeit mindestens.  1std besser 2 
Das ist schon alles.
Das ganze kann ich noch untersetzen  mit den verschiedenen Gefüge und den umwandlungspunkten u.ä. 
Ich härte aus einem holzkohle Feuer  , einen Topf wo die klinge hochkant  hineinpasst.
Das Öl ist wichtig , es muss dünnflüssig sein und neu! Öle altern . Ideal härteöl.
Aber Pflanzenöle  gehen auch.
Nicht zuviel Respekt,  die schmiede des Altertums heben es auch nicht anders gemacht.
Viel Glück. 
Gruss fritz
 
11. September 2016 um 19:48
Danke das sind äusserst nützliche Infos. Werde ich auf jedenfall beherzigen.
Das mit den Ölen habe ich zum beispiel nicht gewusst. Muss ich da immer neues Öl geben oder bit es da auch einen Zeitraum in dem ich sagen kann da kann ich das öl nochmal verwenden? Oder gibt es da eine möglichkeit das Öl nach dem Härten so zu lagern das es zb ne Woche oder so hält und dann wieder verwendtbar ist? Und was passiert wenn ich zu altes Öl nehme?
11. September 2016 um 20:47
Das mit dem Öl wusste ich auch noch nicht. Da würde mich auch mal weiteres zu interesieren!
12. September 2016 um 05:30
@bummi

Eine kleine Frage zum kont. ZTU: welche Abkühlzeiten kann ich denn eigtl. in den verschiedenen Medien (Luft, Wasser, Öl) annehmen? Interessiert mich bereits länger, konnte aber noch keine Aussage dazu finden. Danke!
12. September 2016 um 19:31
Hallo Jungs,  zuerst zum Öl. Härteöl haben eine determiniert zusammensetzung für bestimmte stähle und abschreckgeschwindigkeiten .
Für unsere Zwecke sind dünnflüssige  öle im Notfall sogar Petroleum oder diesel brauchbar . Bisschen feurig, sollten nur Kenner machen.
Alt heisst , nicht grosse mengen ins gleiche Öl,  russpartikel setzen sich ab und bilden oxidschichten. Alle 2 Monate ein messer, da hält das schon ein Jahr.
Pflanzenöle riechen auch ranzig wenn sie umkippen.
Grosses Gefäß und immer vorwärmen, sollte mindestens 30grd haben.
Zum abschrecken, alte Regel,  so schnell wie nötig- nicht wie möglich. Vermeidung von Spannungen.
Unsere messer schrecken im warmen dünnflüssige Öl gut ab.
Zuerst kommt Wasser - kann man mit Zusätzen optimieren, weich machen oder schroff. Mit lauge versetzt  höchste abschreckwirkung, mit Kalk sehr mild.
Dann kommt Öl.  Gibt's abschreckende,  soviel grd. Pro Zeiteinheit.  Das Buch muss ich erst suchen.
Dann kommt flüssiges Salz,  spezialbehandlung so genanntes bainitisieren .Für uns belanglos.
Jetzt kommt Luft,  Gebläse oder ruhend. Nimmt man für hss oder sehr hoch legere stähle. Im vakumofen wird stickstoff auf das teil geblasen.
Auf das ztu , du meinst die sogenannte perlit Nase. Eine Gefüge Insel sehr weit oben und sehr weit links. 
An dieser nase musst du mit deiner Abschreckung vorbeikommen, das erreichst du mit der entsprechenden Abschreckung.
Tauchst du ein  dann erhält du perlit statt martensit.  Das ist weich.
Konnte ich dir den Mechanismus naheliegend. Habe stark vereinfacht, in der Industrie werden dafür extra Programme entworfen-  mein Job u.a. 
Aber frag ruhig,  freut mich wenn ich was erklären darf.
Gruss fritz 
12. September 2016 um 19:42
P.s was wichtiges vergessen beim abschrecken. 
Die dicke des Teiles spielt eine grosse Rolle.
Grosse dicken müssen schneller abgeschreckt werden, das geht soweit das bestimmte teile nicht mehr durchhärtebar sind und ein sogenannter schalenhärter entsteht, aber keine angst bei unseren Messern belanglos.
Jetzt komme ich zu den legierungselementen , aber das führt jetzt zu weit.
12. September 2016 um 20:05
Habe es gefunden.
Wasser abschreckgeschw.   200k/sec.  C geht auch, da absolut.
Öl                                               100k/sechs.  
13. September 2016 um 08:13
Danke bummi für die Antwort. Ich finde das ganze sehr interessant. Hätte ich früher in das alles rein schnuppern können wäre ich heute warscheinlich heute nicht in der IT tätig.

Und für mich geht kein Wissen zu weit. Wissen ist wie ein Puzzle. Wenn man etwas nicht versteht muss man das dazu passende Puzzleteil finden. Ausserdem bin ich jemand der Wissen sammelt und sich für alles interessiert. Bin nur jemand der aus Büchern nicht viel lernt. Ich brauch immer wem der mir das ganze erklärt. Ist find ich viel verständlicher und ausserdem kann man Fragen stellen.
Zuletzt bearbeitet: 13. September 2016 um 12:03, G. C.
13. September 2016 um 15:58
@bummi: danke für deine Beiträge! Von einem echten Härteprofi zu lesen macht echt Laune.
Du schreibst gut verständlich und ausführlich. Gerne mehr davon!  
13. September 2016 um 19:08
h@ bummi .. schliesse mich daus an.. herzlichen dank..

Hab zwar in einigen Büchern schon was dazu gelesen.. aber so schön kurz, pregnant nochmal durchgelesen, bekommen weitsschweifige Sätze aus den Büchern auch mal Sinn.


13. September 2016 um 20:17
Ja,  tausend Dank! Für mich waren die Abkühlkurven im kont. ZTU immer recht interessant,  nur dass mir die entsprechenden Zeiten dazu stets gefehlt haben. Hundeshagen hat hier nur qualitative Vergleiche zwischen den Abschreckmedien. Das ist jedoch nicht hilfreich,  wenn man nicht weiß was die Basis ist.