Rezension "Die Kunst des Messerschmiedes"

27. Januar 2017 um 17:47
Hallo Leute,

Weihnachten ist vorbei...  und zu der Gelegenheit hatte ich mir das Buch "Die Kunst des Messerschmiedes (von M.H.Landrin-Chr. H. Schmidt)" gewünscht und bekommen.

Der recht lange Klappentext hat mich neugierig gemacht... und so habe ich das Buch nun schon recht weit erschlossen.

Hier werden "Präzision der Aussagen.... ein Lehrwerk par excellence.... Warum nicht einmal den Anleitungen folgen und spielerisch mit den Materiallien umgehen......" beworben. Alles in Allen recht vollmundige Versprechen.

Und nun kommt meine Rezsension zu dem Buch, und hier habe ich lange überlegt ob ich Sie online stelle:

Das Buch ist für mich hauptsächlich ein spannendes Geschichtsbuch. Verfaßt wurde es kurz vor der Industrialisierung, und es ist wirklich spannend zu lesen (wenn man Sütalin lesen kann)mit welchen Widerungen der Messerschmied von damals zu kämpfen hatte. Das fing beim Material an was noch gegerbt werden mußte um erstmal einen brauchbaren Messerstahl herzustellen und geht bei den Griffmaterialien weiter. Hier ist das Buch auch recht detailiert und erklärt beispielsweise den Unterschied zwischen Abwurfstangen vom Hirsch und Stangen von geschossenen Hirschen (bei der Verarbeitung) (dies auch für Elfenbein etc.) Weiterhin wird eine Seitenwindesse schön beschrieben... es sind viele schöne kleine Details dabei die wirklich interessant, und für mich auch neu waren. Nun kommen wir auf ein, so finde ich großes Manko, dieses Buches... Maßangaben wie Ellen, Fuß, Zoll und was auch immer die damalige Maßvielfalt noch zu bieten hatte der Autor selbstverständich benutzt, wie auch ein recht hemmungsloser Umgang mit Gefahrstoffen in dem Buch normal ist (was logischerweise der Entstehungszeit geschuldet ist). Weiterhin werden Begrifflichkeiten verwendet die oft nachgeschlagen werden müssen, und dabei auch erstmal für mich unergründlich blieben. Dies macht hier und da auch einen gewissen Charme aus.. "die Säge ohne Ende" (Kreissäge) ist schon knuffig.
Das Buch enthält nette Anleitungen zum Zementieren von Stählen, Aufstählen etc. und hat hier für einen historisch interessierten und arbeitenden Schmied definitiv seine Anschaffungsberechtigung, aber für einen "zeitgemäßen" Hobbyschmied sehe ich in diesem Buch nur eine tertiäre Anschaffungsrelevanz.
Es werden hier eben sehr viele Themen behandelt wie die "Eigenstahlherstellung", die dank Normierung überholt und unnötig geworden sind. Wie auch Materialien verwendet werden deren Verarbeitung keine Relevanz mehr haben (Elfenbein, Schildkröt.... ).
Zudem ist der "Maschinenpark" der in dem Buch beschrieben selbst für mich schon sehr überholt...

Also, mein gespaltenes Fazit:
Den Klappentext habe ich für mich als sehr reißerisch aber eher irreführend abgetan. Das Buch ist als Ergänzung für die Bibliothek sehr schön und behandelt eine interessante Zeit und gibt Einblicke in einige schöne Techniken (auch mit Rezepten) aber das es ein Leitfaden für den Messermacher von Heute sein könnte... Davon ist dieses Buchs ob seines Entstehungsalters, Schrift, wie auch den verwendeten Begrifflichkeiten sehr weit weg.

Wer das Buch auch hat, kann ja gerne seine Meinung hierzu hier schreiben, ich bin da etwas hin und hergerissen bei dem Schmöker und durchaus auf andere Meinungen gespannt.



Es ist sinnlos zu sagen: Wir tun unser Bestes. Es muss dir gelingen, das zu tun, was erforderlich ist.
27. Januar 2017 um 19:56
Hallo Lutz,

Auch ich besitze dieses Buch seit Jahren, und habe es damals ganz gelesen. Es war lange bevor es dieses Forum gab und ich mich im noch Messerforum herumschlug

Ich sehe das Buch als Geschichtliches Werk, und nicht als Anleitung um Messer adäquat zu Schmieden. Die Fein-Schmiede dieser Tage vor der Industrialisierung, hatten mit Problemen zu Kämpfen die mehr als Abenteuerlich waren und man eigentlich erst nachvollziehen kann wenn man sich für praktisch angewandte Paleometallurgie Interessiert.

Sich seinen eigenen Stahl herstellen, sei es durch Gärben ...oder durch selbst Verhüttetes Eisenerz im Rennofen zu Kohlenstoffreichen Stahl....liess einem einen unheimlichen Spielraum  besser zu sein als die Konkurenz. Damals konnte man sich ohne Internet und genormte Stähle noch einen Namen machen, einfach durch Können und Wissen.

Heute ist das nicht mehr so.....leider.

Fazit: Das Buch gibt dem modernen Messerschmied einen tiefen Einblick in die historischen Werdegänge der Messerschmiede vor der Industrialisierung. Es regt zu eigenen Interessanten Versuche an , dient aber in heutiger Zeit nicht als Anleitung zum Messermachen.

Gruß Rom.

Mit besten Grüssen 
Rom.