Normannenschwert

12. Dezember 2012 um 19:51
Hi Leute,

das folgende Schwert möchte ich euch vorstellen. Nachdem ich mit der Klinge ziemliche Probleme hatte, da sich der 55Si7 scheinbar während des Schmiedens und der WB stark entkohlt hatte, habe ich nun dochnoch etwas brauchbares daraus machen können. Dazu habe ich die gesamte Klinge in Holzkohlestaub und Bariumcarbonat aufgekohlt. Anschließend normalisiert, weichgeglüht, gehärtet und angelassen. Nun kann ich die Klinge ohne Verzug um 90 Grad biegen. Die Härte beträgt ca. 58 hrc.

Das Schwert ist von der Substanz her fertig und scharf. Allerdings ist es noch nicht gefinished und das wird es auch erst nach unserer Schnitttestsession kommenden Samstag.

Das Schwert könnte man vom Typ her als "Normannenschwert" bezeichnen. Diese Art Schwerter waren hauptsächlich im 11. Jahrhundert verbreitet, wobei das frühste, mir bekannte Exemplar, archäologisch auf ca. 950 datiert ist. Charakteristisch ist die erstaunlich lange Klinge (850-900mm sind keine Seltenheit), der kurze Griff, Breites Parier und Paranussknauf. Allerdings läuft bei den historischen Schwertern die Hohlkehle meist 100-150mm vor dem Ort aus und das Blatt endet in einem Ort mit linsenförmigen Querschnitt. Hier habe ich mir die Freiheit genommen.

Bei dem Entwurf dieses Schwertes habe ich mich an Peter Johnsson's Theorie für mittelalterliches Schwertdesign orientiert. Ein Foto meiner Skizze stelle ich noch ein.

Gesamtlänge: 994mm
Blattlänge bis zum Parier: 842mm
Grifflänge gesamt: 152mm
Heftlänge: 102mm
Breite des Parier: 220mm
Klingenbreite am Parier: 45mm
Breite der Hohlkehle am Parier: 17,2mm
Klingendicke am Parier: 4,8mm
Klingenbreite vor dem Ort: 26mm
Breite der Hohlkehle vor dem Ort: 10,5mm
Klingendicke vor dem Ort: 2,9mm

Gesamtgewicht: 1250g
Klingengewicht: ca. 660g
Gewicht vom Parier: ca. 120g
Knaufgewicht: ca. 370g
Schwerpunkt: ca. 100mm vorm Parier.
Schwingpunkt am Heft: ca. 40mm vorm Parier
Wenn ich einen Impact direkt am Schwingpunkt am Heft simuliere liegt der zugehörige Pivotpoint direkt am Schwingpunkt an der Klinge.
Beim Impact am Parier liegt der zugehörige Pivot ca. 155mm vor dem Ort.
Beim Impact am Knauf liegt der zugehörige Pivot ca. 510mm vor dem Ort.
Schwingpunkt an der Klinge: ca. 285mm vorm Ort

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Wer sich verbrennt, beherrscht das Spiel mit dem Feuer nicht!
12. Dezember 2012 um 19:56
Mehr Bilder...

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Wer sich verbrennt, beherrscht das Spiel mit dem Feuer nicht!
12. Dezember 2012 um 20:07
Goil, die werte lesen sich echt gut, und auch die Bilder sprechen für sich... würd ich gern mal ne Runde mit drehen...
Hoffe ihr dokumentiert die Schnittests gut... find ich Spannend!
12. Dezember 2012 um 20:17
Jannis ......du bist mein Held!

Gratuliere, das ist eine tolle Arbeit.

Gruß Rom. 
12. Dezember 2012 um 21:08
Kann mich den Vorrednern nur anschließen. Schönes Teil. Die Skizze interessiert mich auch sehr. Ich habe letztens ein Video im Bladesmithforum vom Arctic Fire gesehen, wo Johnson über die Designmethoden referiert hat. Das hat mich ziemlich vom Stuhl gehauen.
12. Dezember 2012 um 21:19
Tolles Schwert, freut mich das du es doch noch retten konntest!
Hoffentlich verhält sich der restliche Stahl dann so wie er sollte.

Danke fürs Zeigen, Grüße,
Eisenbrenner
12. Dezember 2012 um 21:21
Hallo Jannis.
Hervorragend Arbeit von Dir, und eine gute detailierte Beschreibung zur Herstestellung nebst Problehmen und Hintergründen. Ich bin auch auf die weiteren Tests und Infos gespannt.

@ aeglos.: Gib mal den Link zu Jhonson`s Bericht. Worauf sich Xerxes ja auch bezieht.

Gruß der pit03.
12. Dezember 2012 um 21:47
Gerne: Hier der Link ins bladesmithforum . Dort dann das letzte Video im ersten Post. Die anderen sind auch sehenswert (vor allem das Video über Balance und Schwingpunkte von Schwertern), aber in diesem Video packt Johnson mit seiner Theorie aus. Ist halt alles auf English und manchmal ist die Bildquali nicht so supi, aber es ist gratis, also was solls
12. Dezember 2012 um 21:53
Hi Peter,

hier zwei Links zu peter Johnsson:

Hier findest du zwei Videos (das dritte und das letzte) von einem Vortrag:

http://forums.dfoggknives.com/index.php?showtopic=23706

Hier findest du die Grafiken von seinem Vortrag aufgelistet. Achtung, es sind drei Seiten:

https://grauenwolf.wordpress.com/2012/07/09/peter-johnssons-ground-breaking-theory-on-the-design-of-the-medieval-sword/

Hier noch ein interessanter Link zu ein paar Originalen:
http://www.zornhau.de/dinkelsbuhl-first-steel/

Gruß Jannis


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Wer sich verbrennt, beherrscht das Spiel mit dem Feuer nicht!
Zuletzt bearbeitet: 12. Dezember 2012 um 21:54, Jannis Scholz
12. Dezember 2012 um 23:10
Hallo Ihr Xerxes und aeglos.

Ich bin zwar des Englischen nicht so sicher, aber die Videos erklären schon einiges.

Danke fürs zeigen.

Der pit03.
13. Dezember 2012 um 14:39
wow geiles Teil *_* mal 'ne ganz banale Frage...:
Wie macht man die Hohlkehle?^^
13. Dezember 2012 um 16:31
Ganz banale Antwort. Reinschleifen. Mit dem Bandschleifer und dem entsprechenden Kontaktrad.

Man kann das aber auch mit einem Zieheisen reinschnitzen (aber nur vor dem Härten :))
Zuletzt bearbeitet: 13. Dezember 2012 um 22:33, Philippe Brasseur
13. Dezember 2012 um 22:41
Hi Flaumur,

im Grunde hat es aeglos schon richtig geschrieben. Zusätzlich habe ich die Hohlkehle jedoch vor dem Schleifen mit Ober- und Untergesenk vorgeschmiedet. Danach dann nur noch schleifen mit viel Augenmaß und Geduld;-)

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Wer sich verbrennt, beherrscht das Spiel mit dem Feuer nicht!
Zuletzt bearbeitet: 14. Dezember 2012 um 00:09, Jannis Scholz
14. Dezember 2012 um 14:14
ah ok, danke, wieder etwas schlauer :)