Materialwahl für den Klingenbau

1. Juni 2013 um 16:28
Da das Thema eine Typische Anfängersache ist habe ich mal einen neuen Thread aufgemacht damit das ganze nicht irgendwo untergeht und leichter zu finden ist.

Wenn man als Anfänger (oder ich wills mal Beginner nennen um den negativen Beigeschmack zu umgehen) nach geeigneten günstigen Stählen fragt (hauptsächlich für Messer) bekommt man zurecht immer mitunter Feile genannt. Da gibt es nur ein Problem. Es gibt einfache Stähle, Stähle der Mittelklasse und Hochleistungsstähle. Und da beginnt das Mißverständnis.

Ein einfacher Stahl wie z.B. Spiralfeder ist nicht minderwertig sondern genau der richtige Messerstahl - wenn man robuste Haumesser, Macheten usw. machen will. Er ist gedacht um sehr zäh zu sein und um grobe einfache Arbeiten zu verrichten. Die Geometrie ist dementsprechend grob. Ein einfacher Stahl bedeutet aber auch dass es in der Regel leicht zu verarbeiten ist viele Fehler verzeiht. Auch Ck75 gehört noch in diese Kategorie und übertrifft warscheinlich in Leistung die meisten eurer gekauften Messer von der Stange.

Ein Stahl der Mittelklasse deckt den Bereich Jagtmesser, Küchenmesser, einfache Schnitzmesser ab. Er lässt sich leicht schärfen, erreicht hohe Schärfe und gute Schneidhaltigkeit. Er kann sowohl flexibel und zäh, als auch hart eingestellt werden. Bei der Verarbeitung ist hohe Aufmerksamkeit und Genauigkeit gefordert. Diese Stähle haben hohes Potential, dass aber nur erreicht werden kann wenn man weiss was man tut und den Stahl richtig behandelt. Dazu gibt es genaue Temperaturfenster die beim Schmieden einzuhalten sind und auch die Wärmebehandlung muss stimmen. Sonst ist die Qualität nicht höher als die der einfachen Stähle.


Ein Stahl der Spitzenklasse wie Feile erreicht höchste Leistungen, wenn man keine Fehler macht und zusätzlich die Wärmebehandlung nach dem Schmieden so durchführt dass der Stahl repariert wird. Dabei wird das sehr warscheinlich beim schmieden geschädigte Gefüge optimiert. Hochleistung bedeutet man kann Feilenstahl verwenden um spanend Metallwerkstoffe zu bearbeiten. So viel Potenzial steckt in diesen Stählen WENN man alles richtig macht. Dazu gehört aber auch die richtige Schneidengeometrie. Ein Messer aus Feile bei dem nicht ALLES angepasst ist und die Schmiede- und Wärmebehandlung stimmt wird in der Leistung einer Klinge der Mittelklasse und einfachen Stählen nicht überegen sein. Was nützt einem ein Hochleistungsstahl wenn die Klinge im Gebrauch oder schon beim schärfen ausbricht? Das lernt man nicht als Beginner sondern erst im laufe der Zeit. Auch wenn alles richtig gemacht sein sollte, ist der Standartnutzer oft gar nicht in der Lage die Leistung zu nutzen ohne der Schneide zu schaden weshalb das Potenzial oft nicht ganz genutzt wird. Dann wären wir aber schon wieder in Richtung obere Mittelklasse, allerdings auf Kosten vieler Fehlermöglichkeiten. Hier im Forum sind sicher Schmiede die das Potenzial von Feilen nutzen können und auch das Know How haben. Die haben sich die Erfahrungen über Jahre aber hart erarbeitet. Und selbst wenn sie wollten - man kann Erfahrung nur zu kleinen Prozentsätzen mit Worten vermitteln, man muss Erfahrung sammeln.

Aber als Beginner sollten das Beginnererfahrungen und als Fortgeschrittener Fortgeschrittenenerfahrungen sein, sonst erfasst man die Fehler gar nicht.


Der kleine Stahlschlüssel ist dabei unumgänglich, jedoch alleine immer noch nicht ausreichend. Beginnt bitte nicht beim schmieden mit Feile, es ist schade um das Material.
Zuletzt bearbeitet: 2. Juni 2013 um 09:30
1. Juni 2013 um 17:41
Noch mehr schade als Feile ist die Zeit die man verschwendet mit Material das nichts taugt !!

Alte Feilen  bekommt man auf dem Schrott und Flohmarkt fürn Butterbrot !
 
1. Juni 2013 um 21:23
@ Pepo,

spielt eigentlich keine Rolle, mit was man die Zeit vergeudet! Ob mit billigem Stahl oder qualitativer billig Feile vom Flohmarkt. Bevor man laufen kann, sollte man gehen können und wissen wies geht! Und die Spiralfedern, schmeisst einem jeder Hobbyautoschrauber auch nach!

Klaus hat das schon schön auf den Punkt gebracht.

Wenn ich da an so manches denke, was mir in letzter Zeit vor die Augen kam, wird mir Angst. Da gibts leute, die noch nicht mal ein Feuer machen können, aber schon vom 5 Gänge Menue mit 8 Sternen sprechen!

Ingo

 
http://naabtal-klinge.de/

........ Eins bist du dem Leben schuldig, kämpfe! oder trags mit Ruh - Bist du Amboss, sei geduldig. Bist du  Hammer schlage zu!..........

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Es sind die Fantasten, die die Welt in Atem halten und nicht die Erbsenzähler!
16. November 2014 um 17:13
Ja Kaeus ,schöne Zusammenfassung. Aber... nenn doch auch mal ein paar Beispiele mehr  ,grade für mittlere und spitzen Stähle
16. November 2014 um 18:29
Hallo Thomas,

die Frage ist: Stahl für welchen Anwendungszweck und wer bearbeitet den Stahl?

So pauschal kann man das nicht sagen und mit diesen scheinbar simplen Fragen kann man ein Buch füllen.

Mir hat "Messerklingen und Stahl" von Roman Landes weitergeholfen.

Ansonsten schau dir an, was die Messermacher hier oder woanders so benutzen. Dann hat man viele Legierungen, aber weiß nicht genau warum es jetzt diese oder jene ist.

Viele Grüße!
  Nils
16. November 2014 um 19:21
Nils sagt es.
Mir hat "Messerklingen und Stahl" von Roman Landes weitergeholfen.

Darin steht alles grundlegend erklärt mit vielen Beispielen und Diagrammen.

Ein Standartnachschlagewerk
16. November 2014 um 23:41
Hi Leute,

Klaeus hat das sehr schön definiert. Allerding finde ich die Unterteilung in "einfacher Stahl, Mittelklasse, Spitzenklasse" etwas unklug gewählt. Das suggeriert, dass ein Stahl der Spitzenklasse besser sei, als ein einfacher Stahl. Dem ist aber nicht so. Diese Stähle sind für ihr jeweiliges Einsatzgebiet konzipiert und für das was sie machen sollen, sind alle Stähle "Spitzenklasse".

Ein 1.2008 (Feilenstahl) ist z.B. ein "spitzen Stahl" für ein fein ausgeschliffenes Gemüsemesser. Für eine Machete ist er aber totaler Mist. Da wäre eher ein 1.2550 (zähharter und bruchfester Stahl) ein "spitzen Stahl".

Ich weiß, dass Klaeus es so nicht gesagt hat (und nicht sagen wollte) aber für mich klingt ein bisschen so, als sollte es das Ziel eines Messermachers/-schmieds sein, diese Stähle der "Spitzenklasse" verarbeiten zu können. Vielmehr sollte es aber so sein, dass ein guter Messermacher/-schmied aus der Masse der möglichen Stähle den Optimalen für das geplante Einsatzgebiet des künftigen Messers auswählen und diesen Stahl dann auch verarbeiten kann. Und wenn es sich dabei dann um eine Spiralfeder oder um c60 handelt, dann ist es richtig so!

Gruß Jannis

www.xerxes-knives.de

Wer sich verbrennt, beherrscht das Spiel mit dem Feuer nicht!
Zuletzt bearbeitet: 16. November 2014 um 23:49, Jannis Scholz