In vino veritas-Weinbecher aus Kupfer

2. September 2020 um 13:24
In vino veritas. - Im Wein liegt die Wahrheit.

Das ist das Motto dieses Experiments. Und so ergaben sich auch für mich einige Wahrheiten aus diesem Versuch. Aber dazu später mehr.
Der eigentliche Hintergrund dafür, dass ich mir diesen Weinbecher aus einem Stück Kupfer getrieben habe ist folgender. Auf einem Schmiedetreffen vor einigen Jahren (im schönen Sperberslohe) stellte ein lokaler Silber-und Goldschmied seine Arbeiten aus. Dabei trank er ganz gemütlich aus einem gehämmerten Silberbecher ein paar Schlücke Wein. Seit diesem Treffen geht mir dieser Becher nicht mehr aus dem Kopf. Und irgendwann werde ich mir einen nachschmieden (treiben). Um nicht gleich das gute teure Material zu verheizen, habe ich aber nun erstmal einen Becher aus Kupfer getrieben.
Wahrheit Nummer 1: So ein Probestück lohnt sich!! Ohne die gesammelten Erfahrungen hätte ich ohne weiteres einen dreistelligen Wert an Silber sinnlos geschrottet.
Also habe ich aus einem alten kaputten Kupferkessel eine runde Scheibe ausgeschnitten und mal angefangen einen Becher zu treiben. Materialstärke war ca. 1,5 mm und die Scheibe hatte einen Durchmesser von rund 160mm. Die Größe habe ich einfach mal geschätzt und geschaut wo ich damit lande. Die Schätzung war in diesem Fall ganz gut. Der fertige Becher gefällt mir von der Größe.
Der erste Versuch ging dennoch in die Hose. Beim stetigen Wechsel zwischen treiben und wieder weichglühen wollte ich irgendwann zu viel auf einmal umformen und der Becher bekam einen Riss. Gut, dass es nur Kupfer war. Mit einem wertvollen Stück Silber hätte ich mich schwarz geärgert!
Was aus dem misslungenen Versuch wurde werde ich in einem weiteren Beitrag zeigen. Wahrheit Nummer 2: Nichts ist umsonst! Der misslungene Versuch bekommt in seiner neuen Funktion teilweise mehr Aufmerksamkeit als der eigentliche Becher.
Der eigentliche Becher (der zweite Versuch) ist dann besser geglückt. Ich habe das Kupferblech über einen 50mm Rundstahl getrieben, den ich oben schön abgerundet habe. Der Hammer der auf einigen der folgenden Bilder zu sehen ist war mein fast ausschließlich genutztes Werkzeug. Lediglich am Anfang kam hin und wieder auch ein kleiner Ballhammer zum Einsatz.
Wahrheit Nummer 3: Es kommt viel weniger auf besonderes Werkzeug an als auf das Gefühl für das Material und das Maß der Umformung, welches das Material sich gefallen lässt.
Hier sind einige Zwischenstadien zu sehen:
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Als ich den Becher dann fertig getrieben hatte stand ich noch vor einer letzten Herausforderung: das Verzinnen.
Verzinnen dient in diesem Fall dem Schutz der Gesundheit. Kupfergeschirr reagiert mit dem darin servierten Speisen und Getränken (vor allem saurem Essen/Trinken) und ist dann gesundheitsschädlich. Daher wird Kupfergeschirr seit jeher auf der Innenseite verzinnt. Wichtig ist hierbei bleifreies Lötzinn zu nehmen!
Über einer weichen Flamme des Brenners habe ich das Stück vorsichtig aufgewärmt bis das Zinn aufschmilzt. Um das flüssige Zinn in einer gleichmäßigen Schicht auf der Innenseite des Bechers zu verteilen haben sich nach einigem Ausprobieren kreisende Bewegungen und ein "Auswischen" des flüssigen Metalls mit einem trockenen Tuch bewährt.
Das Verzinnen habe ich nur mal in einer Doku (Der letzte seines Standes-Kupferschmied) gesehen und habe mir dann überlegt wie es für meine Zwecke am besten gehen könnte. Man muss ein bisschen aufpassen, da überall flüssiges Metall herum läuft und spritzt, aber nach ein bisschen üben ging es ganz gut.
Also, Wahrheit Nummer 4: Es gibt nichts was man nicht irgendwie lernen kann.
Im Anschluss habe ich den Becher außen noch poliert (die Innenseite war bereits schön glänzend nach dem Verzinnen) und erstmal einen Wein als Probe daraus getrunken.
Der fertig Becher hat eine Höhe von 85mm, einen Durchmesser oben von 85mm und einen Bodendurchmesser von 55mm. Den oberen Rand habe ich bewusst etwas ungleichmäßig gelassen, so wie es beim Treiben entstanden ist.
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Ich hoffe euch gefällt mein Projekt!
Prost und beste Grüße!
Willi
PS: Irgendwann wird dann der Silberbecher folgen.
www.schmiedekunst-weyer.de
Zuletzt bearbeitet: 2. September 2020 um 13:30, Wilhelm Weyer
2. September 2020 um 13:47
Moin Willi,
ein Augenschmaus dieser Becher. Die Kupfer Zinn Kombi gefällt mir richtig gut. Weiß nicht ob da ein Silberbecher da optisch mithalten kann. ... So jetzt hoff ich mal das mir der Becher schnell wieder aus dem Kopf geht bevor ich mich meinem Erzfeind der Blechbearbeitung beschäftigen muss
War das Problem an Zinnbecher eigentlich nur das Blei? Sonst hät man das Schmuckstück ja auch versilbern können oder? Dann wärs sicher noch gesünder ;)
Gruß,
Lenni
2. September 2020 um 15:53
Hallo Lenni,
Vielen Dank für das Lob!
So wie ich es recherchiert habe, ist Zinn an sich unbedenktlich was den Kontakt mit Lebensmitteln angeht. Schießlich gab es früher komplettes Geschirr aus Zinn. Wichtig ist wie gesagt der Bleigehalt. Da ich komplett bleifreies Zinn verwendet habe mache ich mir bezüglich meines Bechers also keine Sorgen.
Den Becher innen zu versilbern wäre sicher auch eine schöne Idee. Allerdings müsste man den Prozess mal genauer ausprobieren. Silber hat mit 960°C einen sehr hohen Schmelzpunkt (Zinn: 230°C). Kupfer durch Aufschmelzen zu versilbern dürfte also in der Schmiedewerkstatt eher schwierig werden. ca. 100°C zu viel und das Kupfer schmilzt gleich mit.
Die Alternative wäre das Kupfer galvanisch zu versilbern, was wiederum ein gewisses Equipment erfordert.
Bisher bleibt das Zinn auch schön silbern blank, wohingegen das Kupfer außen langsam anfängt anzulaufen (der Becher ist nun ca. 3 Wochen alt und in regelmäßiger Benutzung zum Wasser trinken und Wein trinken).
Ich wünsche viel Erfolg beim Nachschmieden!
Gruß
Willi
www.schmiedekunst-weyer.de
2. September 2020 um 18:21
Hi Willi, schöne Arbeit.
Es gibt nichts was man nicht irgendwie lernen kann.

Das motiviert mich ja wieder zu einer Sache, die ich immer schon mal machen wollte. Einen kupfernen Lampenschirm . Irgendwann versuche ich es
Volker
2. September 2020 um 23:19
Hallo Volker,
Das motiviert mich ja wieder zu einer Sache, die ich immer schon mal machen wollte. Einen kupfernen Lampenschirm . Irgendwann versuche ich es
Kennst du meine Lampe mit Kupferschirm? Forumsbeitrag: Klick
Das Licht ist sehr schön und angenehm!
Vom Aufwand ihn zu treiben dürfte es sogar weniger Arbeit machen, da man ihn nicht so hoch ziehen muss wie einen Becher. Wenn du ihn nietest wie bei meiner Lampe, dann ist es ein Klacks im Vergleich zu einem getriebenen Lampenschirm.
Gruß
Willi
www.schmiedekunst-weyer.de
3. September 2020 um 18:26
Ja Willi, Deine Lampe hatte ich schon gesehen als Du sie frisch reingestellt hast. Meine soll allerdings etwas länger und auch in der Länge irgendwie ballig werden. Eventuell treibe ich mir einzelne Segmente und ordne sie wie eine Tulpenblüte oder sowas an.
ZUm formen dachte ich mir, ich nehme einen Eichenklotz, arbeite da die Außenform rein und treibe dann von innen. Wenn das nicht klappt werde ich halt weiter probieren, hab ja Zeit.
Volker
Ps.: Wie Gefäße von innen verzinnt werden hab ich mal in den 70 er Jahren im ehemaligen Jugoslawien , nähe Albanische Grenze, gesehen. Die haben ihre Gefäße ins Holzkohlefeuer gestellt innen mit irgendeinem Lötwasser ausgerieben und Kleine Zinnstückchen reingegeben. Dann dauernd geschwenkt und bewegt bis das Zinn überall da war wo es hinsollte. Ob das gesund war kann ich nicht sagen.
Nebenbei den ganzen Abend Cay und Mokka getrunken. Da hab ich mich dazusetzen dürfen. War ein netter Abend
VM
4. September 2020 um 10:12
Hallo, Willi,
danke mal wieder für die ausführliche und bebilderte Bastelanleitung. Bleifreies Zinn müsste Fittingslot vom Installateur/Trinkwasserleitung sein, Lötpaste dazu gibt's auch. Dachdeckerlot mit Lötwasser sehe ich eher kritisch.
Meinhard
4. September 2020 um 18:07
hallo Willi,
schön mal wieder was von Dir zu hören bzw. zu sehen.
Wie immer, eine (in meinen Augen) perfekt gelungene Arbeit von Dir!
Gruß DerSchlosser
Ein Hoch dem ehrbaren Schmiedehandwerk!
7. September 2020 um 15:28
Hallo zusammen,
Danke für die positiven Rückmeldungen!
Bleifreies Zinn müsste Fittingslot vom Installateur/Trinkwasserleitung sein, Lötpaste dazu gibt's auch. Dachdeckerlot mit Lötwasser sehe ich eher kritisch.
Das mit dem Fittingslot stimmt, Zusammensetzung: 97% Zinn, 3% Kupfer. Dürfte also lebensmitteltechnisch kein Problem sein.
Dachdeckerlot hat dagegen fast immer einen Bleianteil!
Gruß
Willi
www.schmiedekunst-weyer.de