Ajax 2 Exzenter überholen

17. Februar 2021 um 20:26
Servus miteinander,
ich bin gerade dabei einen Ajax 2 zu überholen. Eine der vielen Baustellen ist der ausgelutschte Exzenter. Da ist einiges an Spiel drin. Ich möchte (muss) da was machen und hab auch ein paar Ideen wie man die Situation verbessern könnte. Ich weiß nur nicht, ob ich damit völlig auf dem Holzpfad bin. Es fehlt auch an Equipment. Z.B. wäre die beiden Gehäuseschalen auszudrehen leider überhaupt nicht drin. Das ist ne Nummer zu groß bzw. zu teuer. Bevor ich aber nun weiter auf Lösungsansätze eingehe erstmal die Problematik in bebilderter Form, in der Hoffnung hier hat evtl. jemand einen Tipp zur Instandsetzung von sowas.
IMG_4471.jpgIMG_4467.jpgIMG_4470.jpg
Also beinahe überall 2-3mm Spiel. Es läuft Stahl auf Stahl. Die Schalen wurden an den Innenkanten auch schonmal sichtbar nachgeschweißt. Hält aber. Die Exzenterscheibe ist an der mittleren Lauffläche ca. 4/10mm unrund. Auch die beiden Schalenhälften sind entsprechend eingelaufen.
Weiß jemand wie die Gleitflächen im Original aufgebaut waren? Kommt hier ein Weissmetallausguss dazwischen? Die einseitigen Absätze an der inneren seitlichen Führungskante der Lagerschalen könnten eine Verdrehsicherung für eine Büchse/Ausguss sein? Oder Gussfehler? Ausbrüche?

Ein Freund hat mir etwas Weissmetall zugeschoben und ich tendiere dazu die Schalen damit nach Abdrehen der Exzenterscheibe damit auszugießen. Ich dachte wie folgt vorzugehen:
  • Evtl ein paar Bohrungen in die Schalen zur zusätzl. mechanischen Sicherung des Weissmetalls.
  • Exzenterscheibe einrußen als Trennschicht.
  • Scheibe und eine Lagerschalenhälfte miteinander stehend im Wasser einrichten. Auf gleichmäßiges Spaltmaß einmessen.
  • Spalte mit z.B. Ofenkitt (?) abdichten.
  • Flamme dran und sobald warm genug rein mit der heißen Suppe.
  • Das ganze x2.
Ich denke nen Versuch wär's wert. Man kann's ja recht problemlos wieder entfernen. Sofern das ganze Sinn ergibt, hättet Ihr einen Tipp zum anschließenden Hohnen der neuen Gleitflächen?
Wäre Kaltmetall eine bessere Alternative? Ist vergiessen für den Fall überhaupt ein sinnvoller weg? Oder müsste man unweigerlich alles, also auch die Schalen, sauber abdrehen und dann z.B. Rotgussbüchsen ein bzw. aufkleben?
Den point-of-no-return hab ich inzwischen was zeitliche und finanzielle Investitionen betrifft lange überschritten. Das Ding muss fertig instandgesetzt werden. Ich wäre also um jeden Tipp dankbar.
VG
Zuletzt bearbeitet: 17. Februar 2021 um 20:29, Robin
17. Februar 2021 um 23:24
Hallo Robin,
 
das ist ein sehr interessantes Projekt. Hoffentlich werden sich hier einige Maschinenbau-Profis beteiligen.
 
Glück Auf!
Folgt PARX auf Instagram https://www.instagram.com/parxforging/
18. Februar 2021 um 06:44
Danke. In der Tat interessant aber auch längst überfällig. Die Maschine lief bis dato recht untermotorisiert. Das hat mich dazu verleitet die Problemchen mit dem Antrieb zu lange zu ignorieren. Jetzt wird fast komplett rundumverschönert.
Bisher wird der Gelenkkopf über dem Exzenter sowie die dazugehörige Gabel an der Federpaketseite ausgedreht weil vernudelt. Dann folgt ein neuer Querbolzen aus CrMo. Wir haben einen Rillenlagersitz für das Leerlaufrad an der Welle angedreht. Die Gleitlagerflächen abgedreht. Die Gleitlagersitze an der Welle werden gerade hartverchromt. Eine neue Welle aus etwas hochwertigerem Grundwerkstoff wäre besser gewesen (die alte ist aus ST37 laut Spektralanalyse). Auch weil fast alle Nut-Feder Verbindungen ausgenudelt sind und die Welle einen leichten Schlag hat. Eine neue Welle war kurzfristig aber leider nicht drin. Dem Nut-Feder Spiel werde ich mit Madenschrauben begegnen. Evtl. die Steine wo nötig aufschweissen und nachfeilen. Es werden neue Gleitlagerbüchsen aus RG7 gemacht und später in die Sitze eingegossen. Zuvor waren hier Stahlbüchsen und vermutlich mit Sn60Pb40 umgossen. Die restlichen Lotstangen davon liegen noch in der Werkstatt, die ich übernommen habe. Hier würde mich noch interessieren wie das im Original ab Werk gemacht war. Vermutlich ein Vollguss aus Weissmetall. Weiss jemand was?
Ich werde die Rotgussschalen wahrscheinlich auch wieder mit Weichlot eingiessen. Von daher wäre das Ausgiessen der Exzenterschalen mit Weissmetall schonmal ein guter Einstieg in die Thematik. Wenngleich ich mir das schwieriger vorstelle aber hilft nix.

Zuletzt bearbeitet: 18. Februar 2021 um 06:58, Robin
19. Februar 2021 um 20:43
Hallo zusammen,
kannst du nicht die Excenterscheibe abdrehen und eine Buchse aufschrumpfen, die dann außen wieder deine Kontur und das richtige Maß hat?
Ich habe mal eine Zeit lang in einem UNternehmen für Instandsetzungen in der Industrie gearbeitet. Da haben wir viel so Zeug gemacht. Ausgeschlagene Laufflächen, abgenudelte Wellenzapfen usw. Sehr häufig ist es möglich eine passende Buchse zu fertigen (fertigen zu lassen?) und diese mit Stickstoff aufzuschrumpfen.
In deinem Fall könnte man also überlegen die Excenterscheibe auf ein sinnvolles Maß abzudrehen, dann eine entsprechende Buchse zu drehen, die Excenterscheibe mit flüssigem Stickstoff runter zu kühlen und die Buchse aufzuziehen.
Wenn du die Buchse so fertigst, dass die Außenkontur und die Innenfläche in einer Spannung bearbeitet werden, dann hast du auch kein Problem mit anschließendem Schlag.
Die Excenterscheibe könntest du in dem Zug sogar korrigieren. Die wird ja so wie ich das sehe an die Wellenscheibe angeschraubt. Wenn du also die Excenterscheibe auf der Drehbank so einspannst, dass deine fertige Fläche wieder im Winkel zu der anliegenden Seitenfläche ist, dann hast du hier die Möglichkeit Schlag (bzw. die Winkligkeit) der Excenterscheibe zu korrigieren. Lässt sich realisieren auf einer großen Planscheibe auf einer entsprechenden Drehbank. Die Excenterscheibe ist ja durch ihre Schraublöcher quasi prädestiniert um sie an eine Planscheibe zu schrauben.
Wie sicher bist du dir, dass die Verbindung Stahl auf Stahl läuft? Könnte es nicht sein, dass es eher Stahl auf Guss ist? Die Fläche im Gehäuse sieht mir nämlich schon wie eine vorgesehene Lauffläche aus mit den Schmierkanälen usw. Bei entsprechender Schmierung kann eine Kombination von Stahl und Guss doch sein.
Das alles jetzt mit irgendetwas auszugießen halte ich für riskant. Dann im Zweifel eher wie beschrieben vorgehen und eine Messing- oder Bronze-Buchse auf deine Excenterscheibe aufziehen.
Halte uns auf dem Laufenden!
Gruß
Willi
www.schmiedekunst-weyer.de
19. Februar 2021 um 22:06
Danke für die ausführliche Antwort. Du hast recht Willi, die Schalen sind aus Guss. Inwifern meinst du ist Ausgiessen riskant? Eine Buchse aufziehen wäre wohl die handfestere Methode. Die Buchse könnte ich hier vielleicht noch mit jemandem drehen. Nur hab ich leider keine Möglichkeit die Schalen entsprechend nachzuarbeiten. Der Schlag müsste vorab doch auch erstmal korrigiert werden oder ne? Die Teile sind leider ne Nummer zu groß für die Mittel, die mir zur Verfügung stehen.
Zuletzt bearbeitet: 19. Februar 2021 um 22:08, Robin
20. Februar 2021 um 12:58
Hallo Robin,
riskant meine ich deshalb weil du ja in den Gehäuseschalen Schmierbohrungen und die eingefrästen Schmierrillen hast. Das gießt du dann mit deinem Weißmetall alles komplett aus. Also die Frage: wie wird deine Lagerung später geschmiert wenn alles Bohrungen für Schmierung vergossen sind?? Und wie bekommst du das in die Bohrungen gegeossene Weißmetall wieder aus den Bohrungen wenn es nicht klappen sollte?
Ich hätte fürs Verständnis nochmal eine Frage zum Schlag. Welche Flächen haben Schlag und zu welcher Achse?
Excenterscheibe:
Wenn Sie auf der Welle sitzt, dann läuft die Planfläche nicht rund? Dementsprechend läuft auch die Kante deiner Außenkontur nichr rund? Beides in axialer Richtung, in radialer Richtung soll eine Excenterscheibe ja unrund laufen
Oder ist die Scheibe an sich unrund, sprich der Durchmesser ist quasi oval?
Gehäuseschalen:
Auch hier, ist die Lauffläche rund oder oval in radialer Richtung? Oder ist der Innendurchmesser an sich schon rund, "schlägt aber weil er größer ist als die Scheibe?
Läuft deine innere Lauffläche und die Absätze darin im Winkel zu der Bewegung des Stößels? Oder sind die beiden Achsen verkippt wodurch der Stößel pro Umdrehung einmal hin und her bewegt wird (in axialer Richtung)?
Gruß
Willi
www.schmiedekunst-weyer.de
20. Februar 2021 um 14:38
Hallo,

früher hatte ich mal einen schönen Lasco 1 - Federhammer (der mittlerweile durch diverse Lufthämmer ersetzt wurde), bei dem ich ähnliche Instandsetzungen durchführen musste. Glücklicherweise musste ich damals beim Exzenter nur den Verbindungsflansch leicht abfräsen, und damit war die Luft, welche sich nur in der Höhe bemerkbar machte, ausgeglichen.
Zu den Wellenlagern: Diese sind bei Federhämmern dieser Bauart immer mit Weißmetall ausgegossen, und so würde ich das an deiner Stelle auch wieder machen. Diese Aktion war seinerzeit bei meinem Hammer auch angesagt, und von der Durchführung her wirklich völlig problemlos. Mit dem Brenner das alte Lagermetall ausschmelzen, für den Wellendurchmesser einen entsprechenden Kern einlegen und seitlich abdichten, im Topf auf dem Campingkocher das Lagermetall verflüssigen, und rein mit der Suppe. Danach die Bohrungen zu den Schmierbüchsen setzen, die Schmiernuten noch einmeißeln, und fertig! Einfacher geht´s nicht, und von daher würde ich Rotgussbuchsen unbedingt sein lassen. 
Diese Weißmetallgleitlager sind technisch für eine Stossbelastung perfekt geeignet, und wurden auch früher bei den Dampfloks an den Treib- und Kuppelstangen verwendet. Ein wirklich sehr informativer Link dazu -auch was die genaue Legierung von dem Lagermetall betrifft- wäre hier:

Lagermetalle von Dampfloks
 
Der von dir beschriebene Schlag der Exzenterwelle müsste allerdings unter einer Presse unbedingt gerichtet werden, da auf den Hauplagern ansonsten tendenziell nur eine Punktbelastung liegt, und der Exzenter auch darunter leidet. Diese Arbeit sollte aber auch kein großes Problem darstellen.
Etwas anders sieht es mit den Gehäuseschalen von dem Exzenter aus. Da hier schon schweißtechnisch rumgemurkst wurde, würde sich mir persönlich die Frage stellen, ob man die beiden Bauteile ganz einfach neu gießen lässt. Bei meinem Lasco waren z.B. damals beide Lagerböcke von der Blattfeder mehrfach gebrochen. Nachdem die Dinger von Haus aus schon etwas unterdimensioniert waren, habe ich die dünnen Schwachstellen mit Spachtelmasse etwas großzügiger ausgelegt, und die so ertüchtigten Lagerböcke als Gussmodell in eine Kunst-Gießerei gebracht, welche ansonsten eher Skulpturen anfertigte. Als Material wurde Bronze verwendet (die Legierung ging in Richtung RG 7), das Verfahren war simpler Sandguss. Die ganze Angelegenheit war damals unglaublich preiswert. Auf dem Foto kann man die verstärkten Lagerböcke aus Bronze gut erkennen.
Diese Art der Instandsetzung könntest du in deinem Fall auch übernehmen, und vorher mit Spachtelmasse für entsprechendes späteres Fleisch sorgen, was dann mit der Drehmaschine (bzw. teilweise Fräsmaschine) sauber abgearbeitet werden kann. In meinen Augen eine absolut souveräne und relativ kostengünstige Umsetzung!

Grüße, und viel Erfolg!

Werkstatt_9.jpg
Zuletzt bearbeitet: 20. Februar 2021 um 14:44, Sebastian
21. Februar 2021 um 08:32
Wow danke für die vielen super Tipps!
@Willi: Die Scheibe ist unrund, als auch die Schalen. Das ausggiessen haben wir inzwischen verworfen. Die eine Schmierstelle für die Staufferbuchse freizumachen wäre nicht das Problem. Auch neue Schmierkanäle machen nicht. Weißmetall scheint für den Belastungsfall einfach nicht gut geeignet. Nicht ohne großzügiges Abdrehen für eine robuste Vergussdicke und unzählige neue Ankerpunkte in die Schalen zu setzen und sie damit womöglich zu vermurksen.
@Sebastian
Mein Spetzl, der mich hier vor Ort unterstützt (und ohne den ich komplett aufgeschmissen wär), kommt aus der Richtung Eisenbahn und Maschinenschlosserei und meinte auch die Wellengleitlager in Weissmetall komplett auszugießen wär der richtige Weg. Irgendwie hab ich ihn aber scheinbar breitgeklopft es wieder so wie zuvor zu machen mit den Buchsen. Weil Ausrichten in Flucht unkomplizierter und keine Nacharbeit der Laufflächen, sofern alles klappt. In Weißmetall dachten wir dass man nach dem Verguss womöglich lange Schaben und Abtuschieren müsste um die Passung und Flucht zu vervollständigen. Wobei wenn ordentlich vergossen vielleicht auch garnix nachgearbeitet werden müsste? Ich werds mir nochmal einverleiben. Problem ist das Buchsenmaterial ist bereits auf dem Weg. Wären dann mal schlappe 100 Kröten für die Katz...Du meinst RG7 wird der Belastung nicht lange standhalten? Jedenfalls danke für den Link. Sehr interessant!
Welle richten ist vermerkt.
Zu den Gehäuseschalen. Du hast recht mit der Schweißerei die da angelegt wurde. Das wird beim Nacharbeiten Probleme machen und wir haben bei genauerer Betrachtung festgestellt, dass das bereits vorher schonmal der Fall war. Beim Nachfräsen wurde an den Schweißstellen aufgegeben. Das Werkzeug hat sich eingegraben und es entstand ein großer Absatz.
Neu Giessen kam mir noch garnicht in den Sinn. Wenn das wirklich kostengünstig möglich wäre, wär das auch eine echte Alternative. Ich seh mich dahingehend mal ein bissle um. Danke für den Tipp! Der Lasco gefällt mir bombig!

Aufgrund der womöglich problematischen Schweißarbeiten an den Schalen haben wir gestern auch über eine Neufertigung gequatscht. Allerdings in Stahlblech als Wasserstrahlschnitt und dann in die Fräserei. Als Gleitflächen hatte mein Kumpel einen wie ich finde echt pfiffigen Vorschlag. Messingverschleißbleche aus 3mm Flachmaterial, mittels Vorrichtung halbrund gebogen und zwischen die Schalen geklemmt. Zur axialen Führung der Exzenterscheibe einige Messingstreifen auf die Verschleißbleche gelötet. Es ist zwar nicht die ideale Gleitpaarung, man hätte aber für künftige Instandsetzungen mit leicht nachzufertigenden Ersatzteilen ausgesorgt. Ich fände das irgendwie sympathischer, als z.B. eine Buchse auf die Exzenterscheibe aufzuschrumpfen weil leichter austauschbar. Nichts für ungut Willi. Wie seht ihr das?
(Sorry für die grausige Formatierung. Ich komm irgendwie nicht klar mehrere Absätze zu machen. Wie geht das hier?)